Union Seehofer stellt Ultimatum

CSU-Chef Seehofer stellt der Kanzlerin erneut ein Ultimatum - Merkel bleibt gelassen. Steht der Showdown in der Flüchtlingspolitik bevor?

Foto: Maja Hitij Sven Hoppe

Berlin. Kommt es zum Showdown im Konflikt der Schwesterparteien und ihrer Vorsitzenden? Nach Wochen anhaltender Attacken gegen die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin hat CSU-Chef Horst Seehofer der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel erneut ein Ultimatum gestellt.

Er werde noch bis Allerheiligen am kommenden Sonntag warten, ob die bayerischen Forderungen nach Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung in Berlin Gehör fänden, sagte Seehofer in einem Interview. "Sollte ich keinen Erfolg haben, müssen wir überlegen, welche Handlungsoptionen wir haben." Doch welche könnten das sein? Vor zweieinhalb Wochen hatte Seehofer nach einem ähnlichen Ultimatum nur neue Drohungen folgen lassen, dabei unter anderem eine mögliche Verfassungsklage gegen die Merkel-Politik angekündigt. Seehofer weiß freilich: Im Alleingang ist nur wenig möglich - damals wie heute.

Weder kann der Freistaat die Grenzen dicht machen, noch kann er die umstrittenen Transitzonen einrichten. Beides fällt in die Zuständigkeit des Bundes. Möglich ist praktisch nur, neu ankommende Flüchtlinge einfach in andere Bundesländer weiterzuschicken - und so für einen Dominoeffekt zu sorgen.

Politisch könnte Seehofer darüber hinaus das Zusammenwirken von CDU und CSU aufkündigen, kürzlich hatte er bereits von einer Bedrohung für die gemeinsame "Existenz" gesprochen. Das wäre freilich eine politische Megabombe. Für ihn kommt es jetzt zunächst darauf an, dass Merkel ein unmissverständliches Signal an Österreich sendet, von wo aus jeden Tag tausende Flüchtlinge ungehindert nach Bayern strömen. Das Verhalten der österreichischen Regierung "belastet die nachbarschaftlichen Beziehungen", wetterte der CSU-Chef. In Berlin wird freilich gefragt, warum Seehofer nicht einfach selbst zum Telefon greift. Österreich teilte überdies am Dienstag mit, beide Regierungen stünden schon lange im engsten Kontakt.

Merkel selbst betonte Dienstag am Rande einer Pressebegegnung: "Wir können den Schalter nicht mit einem Mal umdrehen, sondern müssen Schritt für Schritt vorgehen." Sie und ihr Umfeld geben sich weiter gelassen, auch wenn jedem klar ist, dass die Zeit angesichts schwindender Aufnahmekapazitäten drängt. CDU-Generalsekretär Peter Tauber wird zudem nicht müde, den Zusammenhalt der Schwestern zu beschwören: "Bei allen Unterschieden in der Tonalität arbeiten CDU und CSU intensiv daran, die Probleme zu lösen", so Tauber zu unserer Zeitung.

"Mit Ultimaten kommen wir nicht viel weiter", betont auch die stellvertretende Parteichefin Julia Klöckner. Die beschlossenen Asylbeschleunigungsgesetze müssten jetzt erst einmal wirken. Doch Geduld ist nicht Seehofers Stärke. Inzwischen spricht er für ein immer größer werdendes Lager in der Union, das Merkels Kurs kritisch sieht. Das macht die Sache für die Kanzlerin so gefährlich. Verständnis für Seehofer äußert zum Beispiel Ingbert Liebing, Chef der kommunalpolitischen Vereinigung von CDU und CSU. Er kennt die dramatische Lage in einigen Städten: "Der dauerhafte hohe Zuzug von Flüchtlingen darf so nicht weitergehen", fordert Liebing. Irgendwann werde man den Zuzug nicht zuletzt aus humanitären Gründen beenden müssen, "damit sich die Menschen nicht weiter in Gefahr bringen".

Für die Opposition ist Seehofers Ultimatum hingegen Gehabe. "Wir brauchen solidarische Lösungen für die vielen Flüchtlinge - in Europa und in Deutschland", so Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter zu unser Zeitung. "Mit Schuldzuweisungen und Gernegroßgesten sind die nicht zu bekommen."