Staat geht für Bildungspaket in die Offensive

Berlin (dpa) - Nach dem schleppenden Start des Bildungspaketes wollen Bund, Länder und Kommunen nun mit einer Informationsoffensive die Leistungen an die 2,5 Millionen bedürftigen Kinder bringen.

Darauf verständigte sich ein Runder Tisch mit Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Vertretern von Kommunen und Ländern am Donnerstag. Auch sollen Schulen und Kindergärten direkt bei den Eltern für die Angebote wie warmes Mittagessen, Mitgliedschaft in Sport- und Musikvereinen oder Nachhilfeunterricht werben.

Zugleich wird die Antragsfrist für die rückwirkende Erstattung von Bildungsausgaben aus dem ersten Quartal 2011 nach den Absprachen des Runden Tisches von Ende April um zwei Monate bis Ende Juni verlängert. Die Kinder von Hartz-IV-Empfängern haben nach einem Verfassungsurteil seit dem 1. Januar 2011 einen Rechtsanspruch auf diese Leistungen. Das Gesetz über das Bildungspaket war jedoch zusammen mit der Hartz-IV-Neuregelung nach langem Bund-Länder-Tauziehen erst am 29. März in Kraft getreten.

Bei der Informationsoffensive kommt den Kommunen nach Worten von der Leyens die entscheidende Rolle zu. Sie sollen die betroffenen Eltern anschreiben, weil sie „ganz pragmatisch“ und besser Auskunft darüber geben könnten, welche Ämter zuständig sind, welche Öffnungszeiten sie haben und wer dort der Ansprechpartner ist. Die Infos für die Eltern sollen mehrsprachig angeboten werden. Noch vor den Sommerferien werden Bund, Länder und Kommunen erneut zusammenkommen und bilanzieren, kündigte von der Leyen an.

Auch die Jobcenter sollen das Thema in ihren Beratungsgesprächen mit Langzeitarbeitslosen anschneiden. Diese „Bildungsvereinbarung“ verpflichte aber die Eltern zu nichts, betonte die Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), die gemeinsam mit ihrer niedersächsischen Amtskollegin Aygül Özkan (CDU) die Bundesländer beim Runden Tisch vertrat.

Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer kritisierte die Ergebnisse des Treffens. „Dass jetzt die Antragsfrist verlängert wird, stand doch eigentlich schon vorher fest - dafür hätte es keinen Runden Tisch gebraucht“, sagte die CSU-Politikerin der Zeitung „Die Welt“ (Samstag). Das Bildungspaket habe „klare Defizite“. Sie plädierte dafür, die Teilhabepauschale von 10 Euro im Monat für Vereinsbeiträge grundsätzlich bar auszuzahlen, ohne dass dies beantragt werden muss. „In hartnäckigen Fällen müssen eben Sozialpädagogen die Eltern beraten und dafür sorgen, dass die Kinder auch regelmäßig zu den Angeboten im Fußballverein, bei der Hausaufgabenhilfe geschickt werden.“

Schwesig forderte in einem dpa-Gespräch die Bundesregierung auf, auf bürokratische Hürden zu verzichten. „Am besten wäre es gewesen, das Geld für ein warmes Mittagessen direkt an die Schulen und die Kitas zu geben. Dafür habe ich geworben, aber mit der CDU und der FDP war das nicht möglich. Schwesig wies damit die Verantwortung für die Startprobleme dem Regierungslager zu. „Nun müssen wir aber alle an einem Strang ziehen, damit die Kinder die Leistungen bekommen.“

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, kritisierte den Umgang der Bundesregierung mit Langzeitarbeitslosen. „Hartz-IV-Empfänger haben keine Lobby, sie entscheiden keine Wahlen, und sie sind keine solventen Spender, für die man ganz andere Summen über den Tisch schieben kann“, sagte Schneider dem „Hamburger Abendblatt“ (Osterausgabe). „Es bedrückt mich, dass die Politik so mit Bedürftigen umgeht.“

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, rechnet mit einem Erfolg des Bildungspakets. „Es wäre das erste Mal in der Geschichte, dass wir Sozialleistungen nicht loswerden“, sagte er im Deutschlandfunk (Donnerstag).