Studie: Nazis wollten Stechmücken als Waffen einsetzen
Tübingen/Dachau (dpa) - Die Nationalsozialisten haben zum Ende des Zweiten Weltkriegs offensichtlich nach Möglichkeiten gesucht, mit Malaria infizierte Mücken als biologische Waffen einzusetzen.
Das gehe aus Protokollen des Konzentrationslagers Dachau hervor, schreibt der Tübinger Wissenschaftler Klaus Reinhardt in der Fachzeitschrift „Endeavour“. 1944 sei in dem Forschungsinstitut in Dachau untersucht worden, wie man infizierte Mücken lange genug am Leben halten könne, um sie in feindliches Gebiet zu bringen und dort freilassen zu können.
Offiziell sei es in dem Labor darum gegangen, Mittel gegen von Läusen und Insekten übertragene Krankheiten zu finden. Typhus und andere Krankheiten waren unter deutschen Soldaten und in den Konzentrationslagern weit verbreitet. Doch Notizen des Institutsleiters ließen keinen anderen Schluss zu, als dass auch an einer Waffe für den Angriff gearbeitet wurde, teilte die Universität Tübingen am Donnerstag mit.
Reinhardt hatte erstmals Forschungsprotokolle des Entomologischen Instituts im KZ Dachau sowie Anmerkungen des Institutsleiters untersucht. Darin werde berichtet, dass die Wissenschaftler 1944 verschiedenen Mückenarten daraufhin untersucht hätten, wie geeignet sie für einen Einsatz als Kriegswaffe wären, sagte der Experte vom Tübinger Institut für Evolution und Ökologie. Entscheidende Fragen seien den Protokollen zufolge gewesen, ob die blutsaugenden Stechmücken lange genug ohne Nahrung überleben, um sie von einer Zuchtstation zur Abwurfstelle transportieren zu können. Am Ende der Versuche habe der Institutsleiter eine bestimmte Art von Anopheles-Mücken für diesen Einsatz empfohlen.
Bislang sei unter Fachleuten umstritten, ob die Nazis im Zweiten Weltkrieg den Einsatz biologischer Waffen geplant hätten, sagte Reinhardt. Diese Frage könne nach den neusten Erkenntnissen nun neu diskutiert werden.