Landtagswahl in Sachsen und Brandenburg Union diskutiert Umgang mit AfD-Wählern

Berlin · Als Reaktion auf die Stimmverluste wollen die Koalitionsparteien ihr Profil schärfen. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sprach von einem „Signal" an ihre Partei.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer: „Die Union muss nun zuhören, verstehen, diskutieren.“

Foto: dpa/Michael Kappeler

„Danke“, hauchte Annegret Kramp-Karrenbauer dem sächsischen Ministerpräsidenten im Konrad-Adenauer-Haus zu. Michael Kretschmer hatte die CDU-Chefin da gerade über den grünen Klee für ihre Unterstützung im Wahlkampf gelobt. Sie habe ihm „sehr geholfen“. Das ging runter wie Öl – man konnte es AKK ansehen. Am Tag nach den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg meinte es nämlich nicht jeder so gut mit der CDU-Chefin.

Die Union ist nervöser, als sie zugibt

Morgens rieben sich einige in der Unionsspitze verwundert die Augen. Kramp-Karrenbauer hatte im Morgenmagazin auf die etwas umständlich formulierte Frage, ob man nach den Wahlen bei der Abgrenzung zur AfD bleiben und ein Viertel der Wähler einfach außenvorlassen könne, geantwortet: „Ja, wir können. Wir haben das auch festgelegt, auch in den Gremien.“ Schon machte die Meldung die Runde, die Vorsitzende habe ein Viertel der Wähler aufgegeben. Manch einer im Präsidium ließ sich den Wortlaut des Gespräches ausdrucken. Die Sache sei daraufhin „sehr klar abgeräumt“ worden, hieß es. Von einer „bösartigen“ Interpretation war sogar die Rede. AKK erklärte: „Wir machen Politik für alle Wähler.“ Die Frage habe sich darum gedreht, „ob wir mit der AfD koalieren werden, und das habe ich klar verneint“.

Foto: Grafik/kxlm.de
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Die Episode zeigt: Die Union ist nach den Urnengängen im Osten nervöser, als sie zugibt. Und ratloser. In Sachsen hat Michael Kretschmer AKK sozusagen gerettet mit seinem Sprung über die 30-Prozent-Marke. Brandenburg war intern sowieso abgeschrieben worden. Dass nun doch eine Regierungsbeteiligung in Potsdam möglich ist, hat den Wahlausgang dort weniger schlimm werden lassen. In der Parteizentrale wurde vor allem über den Umgang mit der AfD debattiert – zumal Ende Oktober in Thüringen die nächste Ost-Wahl ansteht.

„Wir sollten aufhören mit dem AfD-Bashing“, meinte etwa Mittelstandschef Carsten Linnemann. „Wir sollten uns an die eigene Nase fassen.“ Es gelinge einfach nicht, einen Teil der Menschen gerade in den neuen Bundesländern an die Union zu binden, ließ Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günter übermitteln. Und ein anderes Präsidiumsmitglied schlug vor: „Vielleicht sollten wir unsere Wahlkämpfe künftig regionalisieren.“ Allein das Wort Klimaschutz habe im Osten viele Menschen verschreckt. Zu Wort meldete sich aus der Ferne auch Friedrich Merz: Man dürfe mit Blick auf die AfD-Ergebnisse jetzt nicht sagen, „das ist halt so“. Was zu tun ist, ließ er freilich offen.

Kramp-Karrenbauer konterte mit viel Selbstkritik. Die letzten Monate seien keine einfachen gewesen, manche Hürde „haben wir nicht so genommen, wie wir uns das vorgestellt haben“. Indirekt meinte sie damit auch sich selbst und ihre unglücklichen Auftritte oder Äußerungen. Die CDU werde jetzt bis zum Parteitag im November die inhaltliche Erneuerung fortsetzen. Heute will man bei einem Werkstattgespräch Klimaschutzmaßnahmen „mit christdemokratischer Handschrift“ debattieren. Auch soll es ein neues Kommunikationskonzept geben und die Digitalcharta vorangetrieben werden. „Es geht darum anzupacken“, so AKK.

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Vor allem will die Union nun eines: Vom Wahlkämpfer Kretschmer lernen. „Ich gebe niemanden auf“, meinte er am Rande der Sitzungen. Er spreche mit jedem, der mit ihm sprechen wolle. Die Union müsse nun „zuhören, verstehen, diskutieren“, betonte AKK. Nach der gemeinsamen Pressekonferenz klopfte sie Kretschmer dann noch kräftig auf die Schulter. Es wirkte wie: verstanden.