Verdi Verdi macht mit Warnstreiks Druck

Frankfurt/Main (dpa) - Zehntausende Menschen haben die ausgeweiteten Warnstreiks im öffentlichen Dienst massiv zu spüren bekommen. Durch Arbeitsniederlegungen an elf deutschen Flughäfen, darunter die Drehkreuze Frankfurt und München, fielen heute mehr als 1400 Flüge aus.

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Selbst bei der Reise mit der Bahn war Geduld gefragt, da Züge wegen Bauarbeiten auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Hannover und Kassel teils erheblich verspätet waren. Auch das öffentliche Leben war wegen des Ausstands vielerorts beeinträchtigt. Während Regierung und Arbeitgeberverbände die Aktionen kritisierten, bekräftigte Verdi-Chef Frank Bsirske die Forderungen der Gewerkschaft.

Bei einer Kundgebung vor der Fraport-Zentrale am Flughafen Frankfurt forderte Bsirske einen schnellen Abschluss bei den am Donnerstag anstehenden weiteren Tarifverhandlungen in Potsdam. Als Ziel nannte er ein Gesamtpaket mit einem deutlichen Reallohnzuwachs und einer sicheren Altersversorgung. In den Verhandlungen geht es um rund 2,1 Millionen Beschäftigte von Bund und Kommunen. Verdi fordert sechs Prozent mehr Geld bei einem Jahr Laufzeit des Vertrages. Die Arbeitgeber - der Bund und die Kommunen - haben drei Prozent mehr Lohn und Gehalt für zwei Jahre geboten.

Bsirske bestritt die Darstellung der Arbeitgeber, dass dieses Angebot drei Prozent für zwei Jahre betrage. Da die drei Prozent in zwei Stufen angeboten würden und jede der beiden Erhöhungen erst jeweils im Juni wirksam werden solle, betrage es auf zwei Jahre gerechnet nur 1,8 Prozent. Die Inflation werde jedoch in diesem und im nächsten Jahr zusammengenommen zwei Prozent betragen.

In München wurden 740 Flüge gestrichen. 550 Angestellte aus allen betroffenen Abteilungen hätten ihre Arbeit niedergelegt. Dort endete der Streik um 13.00 Uhr, statt wie geplant um Mitternacht. In Frankfurt/Main fielen 392 Flüge aus. Dort und auch in Köln/Bonn legte die Flughafenfeuerwehr vorübergehend die Arbeit nieder und sorgte damit für Verspätungen und Stillstand. Am Nachmittag normalisierte sich der Betrieb nach Angaben des Flughafenbetreibers Fraport wieder. Auch an anderen Standorten sorgten Warnstreiks im Bereich der Flugzeugabfertigung und des Gepäckdienstes für Ausfälle.

Am schwersten betroffen war die Lufthansa, die bundesweit insgesamt 900 Verbindungen zu deutschen und europäischen Zielen absagen musste. Allein in Frankfurt mussten 33 000 Passagiere umdisponieren. Dennoch herrschte in den Terminals ruhiger Betrieb, viele Fluggäste waren vorab informiert. Inlandspassagiere wurden auf die Bahn umgebucht.

Außer an den Flughäfen legten in Berlin und vielen anderen Städten in Deutschland am Mittwoch die Mitarbeiter diverser Behörden wie der Stadtreinigung, des öffentlichen Nahverkehrs, der Wasserbetriebe und der Bäderbetriebe zeitweise die Arbeit nieder. Auch Kitas und Krankenhäuser waren betroffen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière bewertete die Ausweitung der Warnstreiks im öffentlichen Dienst als unverhältnismäßig. „Für die Bestreikung ausgerechnet von wichtigen Flughäfen und Berliner Kliniken gibt es keinen vernünftigen Grund“, sagte der CDU-Politiker in einer Mitteilung seiner Behörde. Dies sei „umso ärgerlicher“, da der bisherige Verhandlungsverlauf dafür keinen Anlass geboten habe.

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer sagte, eine auf zwei Drittel des Tages ausgelegte Arbeitsniederlegung, die große Teile des gesamten Flugverkehrs behindere, sei kein Warnstreik, sondern „ein Streik, der mit wirtschaftlichen Millionenschäden verbunden ist und nicht mehr als "Warnung" verstanden werden kann“. Der Streik richte sich formal gegen die öffentliche Hand als Tarifverhandlungspartner, treffe aber im Wesentlichen die Fluggesellschaften.

Der Chef des Verdi-Landesbezirks Rheinland-Pfalz, Michael Blug, sagte der Deutschen Presse-Agentur, er hoffe sehr, dass die Arbeitgeber das Signal des Warnstreiks „ernst nehmen und sich bewegen“. Zugleich räumte er ein: „Wir wissen natürlich, dass wir die Bevölkerung belasten“. Er bat um Verständnis und kritisierte „das sture Verhalten der Arbeitgeber“.