Bundesverfassungsgericht Wahlverbot für behinderte Menschen ist verfassungswidrig
Karlsruhe · Bei einer Bundestagswahl sind mehr als 80.000 Menschen mit Beeinträchtigungen von den Wahlen ausgeschlossen worden. Einige haben beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde eingelegt - mit Erfolg.
Die Regelungen zum Wahlrechtsausschluss für Behinderte sind verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht stellte in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss fest, dass die Vorgaben im Bundeswahlgesetz gegen den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl und das Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung verstießen. Vom Wahlrecht ausgeschlossen sind Menschen, für die ein Betreuer "in allen Angelegenheiten" bestellt ist, sowie wegen Schuldunfähigkeit in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebrachte Straftäter.
Mehrere Betroffene hatten sich gegen ihren Wahlrechtsausschluss bei der Bundestagswahl im Jahr 2013 gewandt. Das Verfassungsgericht entschied nun, dass einige von ihnen dadurch in ihren Rechten verletzt worden seien. Ein Ausschluss vom aktiven Wahlrecht könne zwar verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Doch die Regelungen im Bundeswahlgesetz genügten nicht den "Anforderungen an gesetzliche Typisierungen", weil der Kreis der Betroffenen "ohne hinreichenden sachlichen Grund in gleichheitswidriger Weise" bestimmt werde.
Bei der Bundestagswahl 2013 waren aufgrund der Regelungen mehr als 80.000 Menschen von der Wahl ausgeschlossen. Die Verfassungsrichter machten aber auch deutlich, dass ein Ausschluss vom aktiven Wahlrecht grundsätzlich gerechtfertigt sein kann. Dies ist demnach der Fall, wenn bei Menschen davon auszugehen ist, "dass die Möglichkeit zur Teilnahme am Kommunikationsprozess zwischen dem Volk und den Staatsorganen nicht in hinreichendem Umfang besteht".