Integrationsgipfel in aufgeheizter Stimmung

Analyse: Die Regierung will die zunehmend emotionale Debatte durch Zielvorgaben versachlichen.

Berlin. Klare Vorgaben und Fristen sollen Versäumnisse der vergangenen 30 Jahre bei der Integration in Deutschland beheben. So lautet eines der Ergebnisse des vierten Integrationsgipfels. Aktive Anwerbung von Migranten für Polizei, Schulen und den gesamten öffentlichen Dienst, bessere Bildung, mehr Deutschkenntnisse, verstärkte Anerkennung ausländischer Schulabschlüsse - Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Integrationsbeauftragte Maria Böhmer und Innenminister Thomas de Maizière (alle CDU) stellen Handfestes in Aussicht. "Wir wollen jetzt in Vorbereitung auf den fünften Integrationsgipfel konkreter werden", verspricht Merkel.

Sachsen-Anhalts CDU-Ministerpräsident Wolfgang Böhmer gießt Wasser in den Wein: Ja, die Probleme etwa an den Schulen seien lösbar - doch nur schrittweise. Maria Böhmer hat kritisiert, dass der Anteil der Schulabbrecher bei ausländischen Kindern immer noch höher ist. Der Länderchef weist darauf hin, dies sei auch bei deutschen Kindern zu oft der Fall, weshalb man einen umfassenden Ansatz brauche. Die Abbrecherquote beträgt bei Zuwandererkindern 13 Prozent - bei deutschen sieben.

Der zur Schau gestellte Pragmatismus steht nach Ansicht von Migrantenvertretern in scharfem Gegensatz zur hitzigen Debatte dieser Tage. Rund 650 Deutsche mit türkischen Wurzeln erinnerten in einem offenen Brief an die Gewalt gegen Ausländer, die nach der Asyldiskussion der 90er Jahre aufgeflammt ist: "Wir alle fühlen uns durch die derzeitige Diskussion diskreditiert."

Einige Adressaten des Briefs sind klar: So hatte CSU-Chef Horst Seehofer vor einem Monat gesagt, "dass wir keine zusätzliche Zuwanderung aus anderen Kulturkreisen brauchen". Innenminister de Maizière hatte von 10 bis 15 Prozent Integrationsverweigerern gesprochen - doch die Zahlen sind umstritten.

Die Kurse stehen für Kanzlerin Merkel nun im Zentrum. Alle Interessenten, rund 1,8 Millionen Menschen, sollten sie binnen fünf Jahren besucht haben. "Wir werden sagen können: Wir haben von 2005 bis 2015 in Deutschland etwas nachgeholt, was in Deutschland 30 Jahre lang versäumt wurde."

Derzeit gibt es laut Bundesregierung Wartelisten für 3700 Interessenten, die Volkshochschulen sprechen sogar von bis zu 20000 Menschen, die bis zum Jahresende insgesamt vertröstest werden dürften. 2011 plant die Regierung 218 Millionen Euro für die Kurse ein, nachdem in diesem Jahr die reguläre Summe einmalig um 15 auf 233 Millionen aufgestockt wurde.