IOC-Chef Rogge im Kreuzfeuer der Kritik

Olympia: Der Belgier hat der Welt eine freie und unzensierte Internet-Nutzung in Peking versprochen – und muss nun eingestehen, dass das naiv war.

Peking. Jacques Rogge, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), gerät wenige Tage vor dem Start der Olympischen Spiele in Peking zunehmend unter Druck. Das nicht eingehaltene Versprechen des "unzensierten" Internetzugangs und die Ohnmacht im Kräftemessen mit den chinesischen Gastgebern haben das IOC als moralische Instanz stark geschwächt.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat Rogge deshalb zum Rücktritt aufgefordert. Der Präsident habe mit seinem katastrophalen Krisenmanagement und widersprüchlicher Informationspolitik der olympischen Idee und der Achtung der Menschenrechte in China schweren Schaden zugefügt, sagte GfbV-Asienreferent Ulrich Delius und sprach von einer "Anbiederung an Chinas Führung".

Tatsächlich überschüttet Rogge das Organisationskomitee BOCOG mit Lob. Das Athletendorf sei "das beste der Olympia-Geschichte", die Organisation "ausgezeichnet" und die Wettkampfstätten "hervorragend". "Es werden tolle Spiele", sagte der 66-Jährige.

In der Kontroverse um die chinesische Internet-Zensur rückte er dagegen von seinem Versprechen einer "freien und unzensierten" Internet-Nutzung bei den Olympischen Spielen ab. Es gehe nur noch um "größtmöglichen" Zugang für die 25000 Journalisten. Immerhin gab der Ober-Olympier zu: "Wir sind Idealisten. Idealismus ist etwas, das mit Naivität verbunden ist."

Verärgerung schwappt aus Deutschland Richtung IOC. ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender berichtete, das ZDF-Studio in Peking werde derzeit täglich von chinesischen Polizisten kontrolliert.

"Das ist pure Angstmache", sagte Brender. Darüber hinaus sind deutsche und internationale Tageszeitungen in China tagesaktuell nicht zu bekommen. Die Begründung: Die Inhalte müssten gesichtet werden. "Das ist inakzeptabel", sagte Innenminister Wolfgang Schäuble.