Iran: Das Zwitschern der Regime-Gegner
Proteste: Die iranische Opposition nutzt Twitter und andere Kanäle des „sozialen Internets“, um die Zensur der Behörden zu umgehen.
Teheran. Bei den Protesten im Iran spielen Onlinedienste aus dem "Social Web" wie Twitter, Facebook und YouTube seit Tagen eine bedeutende Rolle. Oppositionsgruppen nutzen beispielsweise das 140-Zeichen-Medium Twitter, um Demonstrationen gegen das offiziell verkündete Wahlergebnis zu organisieren. Auf Facebook geben sie Hinweise, welche Straßenzüge in Teheran man meiden sollte, weil sich dort gerade die Schlägertrupps der Regierung aufhalten.
Twitter-Anwender wie "persiankiwi" (http://twitter.com/persiankiwi), die offenbar direkt aus dem Iran über die aktuellen Ereignisse berichten, haben inzwischen zehntausende "Follower" (Abonnenten). Damit können Internet-Anwender weltweit Augenzeugen einer Entwicklung werden, die das Regime in Teheran eigentlich der Weltöffentlichkeit lieber verbergen würde - auch wenn der Wahrheitsgehalt der Meldungen aus dem digitalen Untergrund nicht garantiert werden kann.
Um ein soziales Netzwerk wie Twitter auszuschalten, reicht es nicht aus, den Zugriff auf die Homepage des Kurzmitteilungsdienstes (www.twitter.com) zu blockieren. Twitter ermöglicht nämlich der Netz-Gemeinde, über sogenannte Programmierschnittstellen (APIs) auf den Dienst zuzugreifen. Diese APIs öffnen Twitter für Programme und Netzdienste anderer Anbieter. Dieser Technik-Wildwuchs erfordert zwar vergleichsweise häufig Wartungsarbeiten bei Twitter. Er ist aber auch ein wichtiger Grund, warum eine wirksame Zensur des gesamten Twitter-Systems komplex und schwierig ist.
Nach einem Zeitungsbericht hat die US-Regierung nun das in Kalifornien ansässige Unternehmen Twitter gebeten, wegen seiner Rolle bei den Protesten Wartungsarbeiten zu verschieben. "Wir haben ihnen klargemacht, dass sie eine wichtige Form der Kommunikation darstellen", sagte ein hoher Beamter des US-Außenministeriums.
Twitter-Mitbegründer Biz Stone zeigte sich wenig glücklich über die Einmischung aus dem State Department, auch weil sich das Netzwerk nicht als Erfüllungsgehilfe der eigenen Regierung empfindet: "Das Außenministerium hat keinen Einfluss auf unseren Entscheidungsprozess", schrieb Stone.