Justizskandal: Schon wieder Sexualtäter freigelassen

Akten blieben bei der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach liegen. Der Druck auf die Ministerin steigt.

Mönchengladbach/Düsseldorf. Die Serie gravierender Justizpannen in Mönchengladbach reißt nicht ab. In sechs Strafverfahren sollen bei der Staatsanwaltschaft Akten liegen geblieben oder sogar verschwunden sein.

In drei Fällen ging es dabei um Anklagen wegen Kindesmissbrauchs oder Exhibitionismus. In einem besonders extremen Fall soll ein Fußball-Trainer, der in einem Missbrauchsfall bereits verurteilt war, zwei weitere Mädchen missbraucht haben.

Seine Haftstrafen hat er bis heute nicht angetreten, weil die Justiz sein Revisionsverfahren nicht bearbeitete. Das räumte am Donnerstag die Führung der Mönchengladbacher Staatsanwaltschaft ein. Auch ein weiterer verurteilter Kinderschänder ist wegen Versäumnissen noch auf freiem Fuß.

Die Schlamperei fiel erst Ende 2008 auf. Im Mittelpunkt steht dabei eine Justizangestellte, die mindestens sechs Verfahren liegen gelassen haben soll. Insgesamt war sie aber für 3000 Fälle zuständig, die jetzt überprüft werden müssen.

"Es sind Akten außer Kontrolle geraten. Aber ein Generalverdacht gegen alle Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft ist nicht angemessen", sagten der kommissarische Behördenleiter Emil Brachthäuser und Generalstaatsanwalt Gregor Steinfurth.

Damit steigt erneut der Druck auf die ohnehin umstrittene NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU). Erst vor zwei Wochen hatte sie vier gravierende Justizpannen einräumen müssen (siehe Kasten). Sie ist noch in Urlaub.

Ihr Staatssekretär Jan Söffing (FDP) kündigte rückhaltlose Aufklärung an und schloss dienstrechtliche Konsequenzen nicht aus. Im Ministerium hieß es, die Justiz in Mönchengladbach sei ein "Problemfall". Die Ministerin sei Anfang Mai von den Vorgängen in Kenntnis gesetzt worden. Öffentlich gemacht wurden sie aber erst Donnerstag.