„Kalte Progression“ kostet Steuerzahler Milliarden
Heimliche Steuererhöhungen belasten Alleinstehende, die 30 000 Euro im Jahr verdienen, mit 207 Euro.
Berlin. Die „kalte Progression“ im Einkommensteuertarif bringt dem Fiskus auch in diesem und im kommenden Jahr wieder etliche Milliarden Euro ein — und belastet damit die Steuerzahler. Im Schnitt sind es zwischen 2011 und 2014 pro Jahr knapp drei Milliarden Euro. Dies geht aus einer Antwort des Finanzministeriums an den Linke-Abgeordneten Axel Troost hervor.
Das Ministerium erläutert die Zahlen so: „Aufgrund der Progression im Einkommensteuertarif steigt bei Einkommenszuwächsen die Steuer prozentual stärker als das Einkommen an — der Durchschnittssteuersatz steigt. Unter ,kalter Progression’ wird ein Anstieg des Durchschnittssteuersatzes verstanden, der bei einer Einkommenserhöhung zum Ausgleich der Inflation auftritt.“
Nach Berechnungen des Berliner Steuerprofessors Frank Hechter für die „Süddeutsche Zeitung“ haben insbesondere die Einkommensgruppen mit einem Jahresbrutto zwischen 55 000 und 65 000 Euro unter der kalten Progression bis 2014 zu leiden. Einfach addiert kostet sie die heimliche Steuer bis 2014 etwa ein Prozent des Jahreseinkommens, legt man die Preise von 2010 zugrunde.
Die „Süddeutsche Zeitung“ rechnete vor, der Staat nehme einem Ehepaar mit zwei Kindern und einem Jahresbruttoeinkommen von 60 000 Euro zwischen 2011 und 2014 durch die „kalte Progression“ etwa 488 Euro weg. Bei einem Familieneinkommen in doppelter Höhe seien es 1329 Euro. Einen Alleinstehenden mit 30 000 Euro Einkommen koste die „kalte Progression“ in diesem Zeitraum rund 207 Euro.
Die deutsche Wirtschaft appellierte an die Bundesregierung, die heimlichen Steuererhöhungen zügig zu stoppen. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Eric Schweitzer, forderte in der „Bild“, den Steuertarif jährlich an die Inflation anzupassen. dpa