Karlsruher Richter: Mehr als Müller-Lüdenscheid geht nicht
Verfassungsgericht: Ketten aus drei oder mehr Nachnamen wären zu unübersichtlich, hat das höchste deutsche Gericht entschieden.
Karlsruhe. In allen Variationen hat man die Namenskette im Vorfeld des Karlsruher Urteils durchdekliniert, vom fiktiven Hadschi Halef Omar bis zur real existierenden Biathletin Simone Greiner-Petter-Memm. Zu unübersichtlich, entschied gestern das Bundesverfassungsgericht: Ketten aus drei oder mehr Nachnamen bleiben verboten. Nur Doppelnamen sind bei der Heirat erlaubt - mehr als Müller-Lüdenscheid aber geht nicht.
Geklagt hatte ein Münchner Ehepaar, und zwar aus durchaus respektablen Gründen. Frieda Thalheim wollte zwar den Doppelnamen ihres Mannes Hans-Peter Kunz-Hallstein annehmen, ihren Nachnamen aber behalten - aus Verbundenheit zu den Töchtern aus erster Ehe, aber auch, weil sie eine eingeführte Zahnarztpraxis hat. Geht nicht, sagte der Standesbeamte: Seit 1994 dürfen Doppelnamen bei einer Heirat nicht mit dem Namen des Partners kombiniert werden.
Dass das vor allem auf Betreiben der CSU zustande gekommene Verbot der Mehrfachnamen in Karlsruhe Bestand hatte, war einigermaßen überraschend - und knapp: Drei der acht Richter stimmten gegen die Mehrheit im Ersten Senat. Sie hätten gern eine liberale Linie beim Namensrecht vorgegeben.
Die Geschichte des Namensrechts handelt bisher vornehmlich von der Befreiung vor allzu strikter Reglementierung, vor allem unter der Flagge der Gleichberechtigung. Von 1957 an durften die Frauen - die bis dahin nach dem Ehemann heißen mussten - ihren Nachnamen wenigstens per Bindestrich anfügen. 1976 wurde die Namenswahl liberalisiert, doch weil der Mann im Streitfall trotzdem das letzte Wort hatte, griff Karlsruhe ein: Seit 1991 können sich Paare beim Standesamt für ihren oder seinen Namen entscheiden, und einer von beiden kann einen Doppelnamen annehmen.
Warum also nicht drei, vier, fünf Namen? Immerhin war der Gesetzgeber in seinem Bestreben, komplexe Bindestrichkonstruktionen zu verhindern, nicht ganz konsequent, wie die Karlsruher Richter kritisch anmerken. Die geschiedene Frau kann ihren Doppelnamen aus der Ehe behalten - und an künftige Kinder oder Ehemänner weitergeben. Dagegen hatte Karlsruhe im Jahr 2004 nichts einzuwenden. Diesmal jedoch setzten sich im Ersten Senat die Anhänger von Ordnung und Übersichtlichkeit durch.
Die Dreier- oder Viererkette ist damit namensrechtlich nicht für alle Zeiten ausgeschlossen. Die Karlsruher Richter verweisen vor allem auf die "Gestaltungsfreiheit" des Gesetzgebers, der sich nun mal für das Verbot entschieden habe. Zugleich aber lassen sie anklingen, dass mehr namensrechtlichen Freiheit nun wirklich nicht sein müsse: Die geltenden Regeln ließen den Eheleuten ausreichend Möglichkeiten, "ihren Bedürfnissen nach Ausdruck der eigenen Identität wie der Zusammengehörigkeit im Namen nachkommen zu können". Und auf dem Schild der Zahnarztpraxis darf Frau Thalheim ihren Namen ohnehin stehenlassen - auch wenn sie jetzt Kunz-Hallstein heißt.