Verfassung: In drei Wochen Urteil zur NRW-Kommunalwahl
Die Klage von SPD und Grünen gegen den 30. August als Termin könnte scheitern.
Münster. "Die Kommunalwahlen stehen bevor. Wir sollten uns beeilen." Mit diesem Appell verabschiedete am Dienstag der Präsident des Landesverfassungsgerichts in Münster, Michael Bertrams, die Vertreter von Landesregierung einerseits und Opposition andererseits. In drei Wochen, am 26.Mai, will das Gericht über zwei Klagen von SPD und Grünen gegen das Kommunalwahlrecht urteilen. Deutet man die gestrige Anhörung richtig, kann die Landesregierung erstmals seit langem zumindest mit einem Teilerfolg rechnen.
Deutlich besser vorbereitet als bei der krachenden Niederlage im Februar - damals hatten SPD und Grüne in Münster mit ihrer Klage gegen den 7. Juni als Wahltermin Erfolg - präsentierten sich die Vertreter von Landesregierung und Landtag. Ausdrücklich erfreut zeigte sich Bertrams, dass Innenminister Ingo Wolf (FDP) persönlich erschienen war. Wolf, der fünf Niederlagen in Folge vor Verfassungsgerichten hinnehmen musste, hatte bei der Verhandlung im Februar gefehlt und damit auch innerhalb der schwarz-gelben Koalition für Unmut gesorgt.
Gestern ging es zunächst um den 30. August, den Wolf zum neuen Termin für die Kommunalwahl bestimmt hatte. SPD und Grüne hielten das für willkürlich und eine Verletzung des Demokratieprinzips und plädierten auch gestern für eine Zusammenlegung mit der Bundestagswahl am 27. September. Wolf habe zudem den neuen Termin quasi aus dem Ärmel geschüttelt, am Tag der Urteilsverkündung gegen den 7. Juni. "Schnelligkeit ist kein Beleg für Willkür", sagte hingegen Bertrams und sorgte damit für einen Dämpfer im Klägerlager.
Wolf verteidigte den Termin. So sei gesichert, dass die Kommunalwahl nicht durch die Themen der Bundestagswahl überlagert würden.
Völlig offen scheint der Ausgang der anderen Klage. Hier gehen SPD und Grüne gegen die Abschaffung der Stichwahl vor. Sie gab es bis vor zwei Jahren, um bei einer Direktwahl von Oberbürgermeistern, Bürgermeistern und Landräten die endgültige Entscheidung zwischen den beiden stimmstärksten Bewerbern zu finden, wenn keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreicht hatte.
"Das benachteiligt die kleinen Parteien und verletzt das Demokratieprinzip", sagte Staatsrechtler Martin Morlok, der Prozessbevollmächtigte von SPD und Grünen. Bei der Kommunalwahl 2004 habe es 92 Stichwahlen gegeben, in zehn Fällen habe dann ein Kandidat kleiner Parteien gewinnen können. Er verwies zudem darauf, dass es in nahezu allen Bundesländern (außer Thüringen) eine Stichwahl gebe.
Die sei aber verfassungsrechtlich überhaupt nicht zwingend vorgeschrieben, hielt der Rechtsvertreter der Landesregierung, Thomas Mayen, entgegen. Das Demokratiegebot beinhalte keine Festlegung auf eine bestimmte Wahlform. Darin sei die Mehrheit des Landtags frei.
Jede Serie kann einmal abreißen: Das gilt im Sport ohnehin - BayernMünchen kann davon ein Lied singen - , in der Politik aber auch. Dennes ist kein Naturgesetz, dass NRW-Innenminister Ingo Wolf jedesVerfahren vor einem Verfassungsgericht verliert. Seit gestern hat erberechtigte Aussichten, dass seine schwarze Serie von beispiellosenfünf Niederlagen in Folge zu Ende geht. Er und mit ihm die gesamteLandesregierung haben aus ihren Fehlern gelernt.
Weist das Gericht dieKlage von SPD und Grünen gegen den 30.August als Wahltermin ab, hättenWolf & Co einen symbolischen Sieg gelandet. Die Opposition kann indrei Wochen wohl nur noch auf ein Unentschieden hoffen: Wenn sie mitder Klage gegen die Abschaffung der Stichwahl durchkommt. Für Wolf, derintern höchst umstritten ist, wäre ein Remis aber ein gefühlter Sieg.