Kommentar: Terror vor der Haustür
Zeitungen haben an diesem Mittwoch an Hanns Martin Schleyer erinnert, den die RAF vor 30 Jahren nach wochenlanger Geiselhaft erschossen hat. Während man morgens noch über den Deutschen Herbst, den Terror der Vergangenheit liest, formt die Gegenwart die Schlagzeilen über den Terror der Zukunft.
Sicherheitsbehörden haben verheerende Anschläge verhindern können. Das ist die erleichternde Nachricht vor einem beunruhigenden Hintergrund: Der islamistische Terrorismus wohnt in Deutschland, er ist geprägt von hoher Professionalität, äußerstem Willen und deutschen Gesichtern. Deutsche Selbstmordattentäter waren bis gestern eine entlegene Vorstellung. Man hat sich damit abfinden müssen, dass die Republik islamistische Irre beherbergt, und dass der Terrorwahn, der auf die Vernichtung freier Gesellschaften zielt, auch in die Köpfe von Menschen dringt, denen eine freie Gesellschaft ein freies Leben geschenkt hat. Die Tatsache aber, dass deutsche Attentäter in ihrer Heimat morden wollten, produziert besondere Ängste und verlangt größtmögliche Besonnenheit.Die Debatte über Computer-Durchsuchungen und weitere Verschärfungen von Gesetzen schwillt wieder an. Innenminister Wolfgang Schäuble hält sich zwar wohltuend zurück, doch die Befürworter der Online-Untersuchungen in der Union und die Gegner in allen anderen Parteien streiten lautstark, weil sie ihre Positionen gestärkt oder geschwächt sehen. Wenn es aber um die Sicherheit der Menschen im Land geht, verbietet sich jegliche Profilierungssucht, denn das Sicherheitsgefühl gründet maßgeblich im Vertrauen in das Verantwortungsbewusstsein der politischen Klasse. Die staatspolitische Verantwortung, die in der Großen Koalition schon aus geringeren Anlässen bemüht worden ist, muss hier wirklich getragen werden.<p>Neben einer sachlichen Auseinandersetzung über die Überwachung in rechtsstaatlichen Grenzen erfordert die Bedrohung eines jeden einzelnen Bürgers die intelligente Diskussion über gesamtgesellschaftliche Herausforderungen, zu denen die Integration von Ausländern und Deutschen am Rande der Gesellschaft ebenso zählt wie der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan, wo der Terror trainiert wird.