Auch NRW-Landtag soll NSU-Mordserie untersuchen

Die Mord- und Anschlagserie der Terrorzelle NSU reicht bis nach Nordrhein-Westfalen. Viele Fragen um Täterschaft und Hintergründe sind noch ungeklärt. Ein Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags soll für zusätzliche Aufklärung sorgen.

Die Angeklagte Beate Zschäpe im Gerichtssaal des Oberlandesgerichts München. Sie soll maßgeblich an den Morden der Terrorzelle beteiligt gewesen sein.

Foto: Peter Kneffel

Düsseldorf (dpa). Die Mordserie der rechtsextremistischen Terrorzelle NSU soll auch im Landtag von Nordrhein-Westfalen aufgearbeitet werden. Die CDU-Landtagsfraktion beschloss am Dienstag, einen Untersuchungsausschuss zu beantragen. Es gebe unzählige offene Fragen, die insbesondere Anschläge in NRW beträfen, sagte Fraktionschef Armin Laschet in Düsseldorf. Der Ausschuss soll seine Arbeit nach der Sommerpause aufnehmen und vor allem zwei Sprengstoffanschläge in Köln aus den Jahren 2001 und 2004 beleuchten sowie den Mord an einem türkischstämmigen Kioskbesitzer in Dortmund 2006.

Die CDU-Opposition will auch die anderen vier Landtagsfraktionen einladen, sich an der Formulierung des Untersuchungsauftrags zu beteiligen. Die sagten bereits ihre Unterstützung zu. Die Piraten hatten schon vor Wochen als erste Fraktion einen Untersuchungsausschuss gefordert und bringen einen eigenen Antrag in den Landtag ein.

Auch der Bundestag und mehrere Bundesländer hatten bereits Untersuchungsausschüsse zu Verbrechen der Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) eingesetzt. Nach Bayern, Sachsen und Thüringen hatte im vergangenen Monat der hessische Landtag ebenfalls einen solchen Beschluss gefasst.

Der ehemalige CDU/CSU-Obmann im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags, Clemens Binninger, schloss am Dienstag nach einem Besuch der Düsseldorfer CDU-Landtagsfraktion eine Neuauflage im Bundesparlament nicht aus. In nur 15 Monaten habe das Gremium nicht alle Fragen beantworten können, sagte er. Allerdings sollten Detailfragen nun zunächst von den Landesparlamenten geklärt werden. „Gibt es in der Summe neue Erkenntnisse, die dazu führen, dass man wesentliche Elemente im NSU-Fall neu betrachten muss, braucht man einen neuen Untersuchungsausschuss.“

Im NSU-Prozess in München verhandelt das Landgericht seit über einem Jahr gegen die Hauptangeklagte Beate Zschäpe. Ihr wird Mitverantwortung an zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen des NSU vorgeworfen. Am Dienstag ging es in dem Prozess um einen Sprengstoffanschlag auf ein Geschäft in der Kölner Innenstadt im Jahr 2001. Die damals 19-jährige Mashia M. überlebte das Attentat auf den Laden ihrer Eltern nur knapp.

„Die Opfer haben das Recht, dass jede Ungereimtheit aufgeklärt wird“, sagte Laschet. Der Bundestagsausschuss habe für die Fälle in NRW nicht mehr als drei Tage Zeit gehabt. Dabei sei der Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße, bei dem 22 Menschen im Juni 2004 verletzt worden waren, in NRW der größte Sprengstoffanschlag seit über 60 Jahren gewesen, sagte Laschet. Die Polizei hatte lange nicht an einen rechtsextremen Hintergrund geglaubt, sondern an eine Abrechnung im kriminellen Milieu. Zum 10. Jahrestag des Anschlags werden in Köln am Pfingstmontag rund 70 000 Besucher zu einer Kundgebung erwartet.

In dem Fall habe es Fahndungsansätze gegeben, die dazu hätten führen können, dem Mord-Trio um Zschäpe und ihre inzwischen toten Mittäter auf die Spur zu kommen, sagte Binninger. „Es wurde mit hohem Aufwand ermittelt, aber sehr früh in die falsche Richtung.“ Offen sei auch die Frage, was das Trio nach NRW geführt habe. Unbedingt müsse geklärt werden, ob hinter dem Trio nicht möglicherweise ein Netzwerk gestanden habe, unterstrich Laschet. Es sei zu einfach, alles auf die beiden Männer zu schieben, die sich vor der Ergreifung getötet hätten.

Der Ausschuss werde sich nicht gegen den damaligen NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD) richten, der sich als einer der wenigen auch bei den Opfern entschuldigt habe, sagte Laschet. Er gehe aber davon aus, dass Behrens als Zeuge auch im Düsseldorfer Untersuchungsausschuss aussagen werde.