Debatte: Soziale Marktwirtschaft als Ausweg aus der Krise
Experten fordern Konsequenzen aus den Exzessen der Finanzwirtschaft.
Düsseldorf. "Wir können sagen, wir sind dabei gewesen." Mit diesem ironischen Satz über die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise begrüßte am Freitagabend der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Düsseldorf, Thomas Köster, gut 400 Zuhörer.
Sie waren gekommen, um bei dem gemeinsam mit dem ASG-Bildungsforum veranstalteten Ethik-Forum zu erfahren, unter welchen Voraussetzungen eine "Wiederkehr der sozialen Marktwirtschaft" in Deutschland zu erreichen ist.
In der von WZ-Chefredakteur Friedrich Roeingh moderierten zweistündigen Diskussionsrunde ging es zeitweise hoch her. Dafür standen die Teilnehmer: Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, der Direktor der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle, Anton Rauscher, der Direktor des Instituts für Finanzwissenschaften an der Universität Bremen, Rudolf Hickel und der Präsident der Handwerkskammer Düsseldorf, Wolfgang Schulhoff.
Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Walter, musste sich bei seiner Interpretation der Krisenursachen Schelte vom Podium und von Zuhörern gefallen lassen. Eine fast vollständige Staatswirtschaft behindere die Wiederbelebung privater Verantwortungsübernahme. Walter warnte im Zusammenhang mit Konjunkturpaketen der Regierung vor "staatlicher Steuerung im Übermaß". Dies würde eine Rückkehr zur sozialen Marktwirtschaft in hohem Maße gefährden.
Walter plädierte dafür, schon jetzt beim Einstieg des Staates beispielsweise in einzelne Banken, "den Ausstieg der staatlichen Einflussnahme" mit einzubauen. Zudem wies er darauf hin, dass es inzwischen viele Sachverhalte gebe, "die nicht mehr allein national geregelt werden" könnten.
Entschiedenen Widerspruch erntete Walter für seine Ursachenanalyse von Handwerkskammerpräsident Schulhoff. In der aktuellen Krise hätten Banker, Rating-Agenturen, Wirtschaftsprüfer, Bankenaufsicht und Wirtschafts-Wissenschaftler versagt.
Dennoch hielt Schulhoff die soziale Marktwirtschaft hoch. Sie allein schaffe den "Ausgleich zwischen wirtschaftlicher Vernunft und sozialem Austausch". Manager müssten künftig mit einem Jahresgehalt für Fehlleistungen haften - ohne sich mit Versicherungen dieses persönlichen Risikos entledigen zu können. Zudem müsse die Zahlung von Boni auf ein ethisch vertretbares Maß zurückgeführt und an langfristige Erfolge geknüpft werden.
Auch der katholische Sozialwissenschaftler Rauscher betonte, die soziale Gerechtigkeit und nicht der Wettbewerb müssten Grundlage der sozialen Marktwirtschaft sein. Laut Hickel gibt es derzeit "vermachtete Märkte", die eine echte Marktwirtschaft gar nicht mehr zuließen. "Die kleinen Unternehmen sind oft nur noch Erfüllungsgehilfen der Großen und sind nicht mehr frei, sondern abhängig". Zudem hätten große Teile der Gesellschaft keine Chance auf eine echte Teilhabe am Markt. Hier sei eine Ordnungspolitik notwendig, die auch "gegen die Vermachtung von Märkten vorgeht und wo nötig auch Mächtige zerschlägt".