Klimawende Die deutsche Windkraft ist in Gefahr

Laut einer Studie droht vielen alten Anlagen nach Ende der EEG-Vergütung die Schließung — und der Klimawende damit eine Delle.

6000 Windanlagen droht gleich im ersten Jahr die Schließung.

Foto: Jens Büttner

Düsseldorf. Hohe Ziele hat sich Deutschland beim Klimaschutz gesetzt: Bis 2050 soll die Republik weitgehend treibhausgasneutral sein. Jetzt befürchten Experten aber, dass der Energiewende eine Delle droht. Denn zum Dezember 2020 endet die EEG-Vergütung für Tausende ältere Windkraftanlagen. Laut einer Studie droht die massenhafte Stilllegung.

Das Erneuerbare-Energien- Gesetz (EEG) soll helfen, den Anteil an grüner Energie in Deutschland zu steigern. Es garantiert den Erzeugern von Ökostrom feste Einspeisevergütungen, damit ihre Anlagen wirtschaftlich laufen können — aber begrenzt auf 20 Jahre, Verlängerung nicht geplant. Was dann mit den älteren Windrädern passieren könnte, hat jetzt die Deutsche Windguard GmbH, Beraterfirma für Windkrafterzeuger, untersucht. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass „für die Mehrzahl von Alt-Windenergieanlagen ohne EEG-Förderung kein rentabler Weiterbetrieb möglich ist“.

Das betreffe 2021 gleich 6000 Anlagen — doppelt so viele wie insgesamt in NRW stehen — mit einer Leistung von zusammen 4500 Megawatt. Bis 2026 folgten in jedem Jahr rund 1600 weitere Windräder. „Viele Windmüller stehen schon jetzt vor der Frage, ob sie Weiterbetriebsgutachten in Auftrag geben und Service- sowie Pachtverträge neu aushandeln“, erklärt Anna-Kathrin Wallasch von der Deutschen Windguard. Die Unsicherheit hilft da nicht.

„Gehen die Altanlagen massenweise vom Netz, wird die Energiewende um Jahre zurückgeworfen“, befürchtet Oliver Hummel, Vorstand der Naturstrom AG mit Sitz in Düsseldorf. „Windstrom aus Altanlagen ist sehr günstig.“ Schon bei 3,5 Cent pro Kilowattstunde könnten viele Anlagen laut Studie weiter betrieben werden, ab vier Cent wären sie wirtschaftlich. Aber: Der Börsenstrompreis lag 2016 unter drei Cent. „Die Strompreise am Kurzfristmarkt der Börse, wie wir sie aktuell erleben, sind für kein Kraftwerk — gleich welcher Technologie — auskömmlich“, sagt Hummel.

Das Problem ist laut Wolfram Axthelm vom Bundesverband Windenergie, dass die älteren Windräder nun doch einiger Investitionen bedürfen, während ein abgeschriebenes Braunkohlekraftwerk mit weitaus weniger Folgekosten auch für den winzigen Centbetrag pro Kilowattstunde „noch fröhlich vor sich hindampfen“ könne. „Die Politik ist gefordert“, sagt er gegenüber unserer Zeitung. „Ohne einen fairen Marktplatz geht es nicht.“

Der Bundesverband Erneuerbare Energien fordert, die Stromsteuer in eine CO2-Steuer umzuwandeln — was Kohlestrom unattraktiver machen würde. Will die Bundesregierung ihre Klimaschutzziele erreichen, ist schnelles Handeln laut Peter Ahmels von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) unumgänglich: „Es wird bei der Windenergie schlimmstenfalls Jahre brauchen, um die wegfallenden Anlagen durch Neubau auszugleichen. Und dies zu merklich höheren Kosten.“