Grüne Energie NRW erzeugt jede Menge Ökostrom
246 000 Anlagen produzieren im Land grüne Energie. 2016 war ein Rekordjahr für die Windenergie. Und trotzdem: Aus der Steckdose kommt nur grauer Strom.
Düsseldorf. Wer sich auf der Internetseite „Energieatlas NRW“ alle Windkraftanlagen im eigenen Bundesland anzeigen lässt, der schaut plötzlich auf eine so dicht mit blauen Sprenkeln übersäte Karte, dass kaum mehr Städtenamen zu lesen sind. Klickt man auf die Photovoltaikanlagen, verschwindet sogar die Landesgrenze weitgehend unter den nun gelben Tupfen. 246 000 Anlagen zur Erzeugung grüner Energie gibt es in NRW — damit rangiert es im Bundesländer-Vergleich trotz seiner dichten Besiedlung bei der produzierten Strommenge auf Platz vier (2015) hinter den uneinholbar windreichen Ländern an der Küste wie Schleswig-Holtstein.
Allein mehr als 3300 Windenergieanlagen rotieren in NRW — ihr Anteil an der gesamten grünen Strommenge liegt mit insgesamt 4600 Megawatt bei 42 Prozent. Wie viele von ihnen so in die Jahre gekommen sind, dass sie vom Ende der EEG-Förderung 2020 betroffen sind, ist unklar. Klar ist aber, dass gerade im vergangenen Jahr viele junge Anlagen das Angebot verstärkt haben: 2016 war mit 208 neuen Windrädern und einer Leistung von 550 Megawatt ein Rekordjahr — „und 2017 könnte noch besser werden“, sagt eine Sprecherin des Umweltministeriums.
Aber schließlich gibt es auch noch Gaskraftwerke, Wasserkraft und die Solarenergie, die mit 240 000 Photovoltaikanlagen 20 Prozent des erneuerbaren Stroms in NRW produzieren. 10 000 Megawatt insgesamt werfen die grünen Erzeuger hierzulande auf den Markt — genug, um den Bruttostromverbrauch von ganz Sachsen-Anhalt zu decken. Oder zwei von drei Haushalten in Nordrhein-Westfalen selbst, rechnet man große Abnehmer aus der Industrie mal heraus. Der Anteil der erneuerbaren Energie an der tatsächlich verbrauchten Strommenge liegt inzwischen bei 16 Prozent. Aber: Das bedeutet nicht, dass der grüne Strom aus NRW-Anlagen auch an NRW-Bürger geht.
Denn diese Erzeuger speisen ihren Ökostrom in das gesamtdeutsche Netz ein. „Der Strom, der aus der Steckdose kommt, ist also immer grau“, erklärt die Ministeriumssprecherin. Ein Mix, in dem auch Kohle und Atomkraft mitschwimmen. „Man kann nicht sagen: Wir bauen eine Windkraftanlage, und der Strom geht direkt zu unseren Kunden“, bestätigt Finja Seroka von dem Düsseldorfer Ökostromanbieter Naturstrom AG. Aber: „Durch den Bezug des Ökostroms steigt dessen Anteil generell.“ Der Strommix insgesamt werde dann „von schwarz, braun, grau immer grüner“.
Anbieter werben häufig dennoch damit, dass der Kunde bei ihnen 100 Prozent grüne Energie bekomme. Das gelte, wenn sie genau so viel Ökostrom von Produzenten einkauften und ins Netz speisten, wie ihre Kunden bräuchten, erklärt Carsten Pfeiffer vom Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE). Er rät: Wer den Anteil des grünen im grauen Strom wirksam steigern helfen will, sollte deshalb einen reinen Öko-Anbieter wählen. Bei den großen Energiekonzernen, die inzwischen oftmals auch einen grünen Tarif anböten, subventioniere man sonst quasi das restliche Portfolio aus herkömmlichem Strom mit.
Sorgen um die Zukunft des Ökostroms müssen sich Kunden wegen der Windkraft-Krise laut Finja Seroka von Naturstrom übrigens „auf keinen Fall“ machen: „Ökostrom ist nach wie vor sicher“, sagt sie. Die Frage sei nur, wie schnell und konsequent die Klimawende vorangetrieben werde.
energieatlasnrw.de