Wuppertal Die „Scharia-Polizei“ schweigt vor Gericht
Am Mittwoch hat der Prozess gegen die mutmaßlichen Salafisten begonnen, die mit Warnwesten in Wuppertal patrouilliert haben. Sie sagen nichts.
Wuppertal. Sieben Männer sitzen am Mittwochmorgen auf der Anklagebank im Altbau des Wuppertaler Landgerichts. Sie sehen unscheinbar aus, sind teils in Pullover und Jogginghose gekleidet, haben aber bundesweit Berühmtheit erlangt mit ihrem Auftreten. Denn vor zwei Jahren, am 3. September 2014, sind die Männer zwischen 25 und 34 Jahren zusammen mit dem Salafisten Sven Lau durch Wuppertal patrouilliert, eingekleidet in Warnwesten mit der Aufschrift „Shariah-Police“ — ein Auftritt, den die Männer sogar gefilmt und online gestellt haben.
Dafür stehen sie jetzt vor Gericht. Laut Anklageschrift wird ihnen ein Verstoß gegen das Uniformverbot vorgeworfen. Die Beteiligten hätten durch die Uniform ihre „gemeinsamen politischen Ansichten“ „auf provokante Weise“ zum Ausdruck gebracht. Als Salafisten seien sie für die Abschaffung der freiheitlich demokratischen Grundordnung und dafür, dass bestehende Rechtssystem durch das Islamische Recht der Scharia zu ersetzen, so der Staatsanwalt.
Die elf Männer waren damals in der Innenstadt von Wuppertal-Elberfeld unterwegs, um Muslime anzusprechen und sie von den Besuchen von Spielhallen und Gaststätten abzuhalten und stattdessen in ihre Moschee einzuladen. Eine Polizistin im Zeugenstand erinnert sich an eine „sehr sichere, selbstbewusste und motivierte Gruppe“. Das sei schon beeindruckend gewesen, meint sie.
Die Männer kamen nach einer polizeilichen Aussage eines der Angeklagten von einer Moschee an der Klophausstraße — die der Polizei als Salafistentreff bekannt war — , um Werbung für den Islam zu machen. Warum man dazu Westen mit der Aufschrift „Shariah-Police“ brauchte und wo der Zusammenhang zur Werbung für den Islam liege, konnte der Mann nicht sicher sagen: „Ich dachte, die Scharia verbietet Glücksspiele.“
Die Aktion sorgte für einen Aufschrei im Land — durch die Medien, die Politik und auch die muslimische Gemeinde — der Zentralrat der Muslime distanzierte sich. Für die Wuppertaler Polizei bedeutete das „ganz schön Dampf im Kessel“, erinnert sich ein Polizist. Ein Grund für das große Echo war die Teilnahme von Sven Lau, der allerdings nicht in Wuppertal angeklagt ist.
Gegen Lau, das neben Pierre Vogel vielleicht bekannteste Gesicht des radikalen Islam in Deutschland ist, wird gerade vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht wegen Terrorismusverdachts verhandelt. Angesichts der deutlich geringeren Straferwartung hat man das Verfahren in Wuppertal gegen Lau deshalb eingestellt. Den anderen Angeklagten droht bei einer Verurteilung eine Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren.
Im Gerichtssaal wirken die Angeklagten nicht so, als fühlten sie sich dadurch bedroht. Sie scherzen in den Pausen untereinander und mit ihren Anwälten und blicken immer wieder ins Publikum, wo mutmaßlich Freunde von ihnen sitzen.
Wie ernst die Tat zu bewerten ist, ist unklar. Denn die Angeklagten wären beinahe um den Prozess herumgekommen. Das Landgericht hatte die Eröffnung eines Verfahrens zuerst abgelehnt, da Warnwesten nicht unter das Uniformierungsverbot fielen. Das Oberlandesgericht in Düsseldorf hatte dies nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft anders gesehen und das Strafverfahren doch zur Hauptverhandlung zugelassen. Die OLG-Richter befanden, durch das Tragen der Westen hätten die Angeklagten ihren Willen zur Durchsetzung der Scharia zum Ausdruck gebracht. Außerdem könnten die Westen einschüchtern und militant wirken, somit fielen sie sehr wohl unter das Uniformverbot.
Der Prozess mit lediglich sechs Zeugen ist auf drei Verhandlungstage angesetzt. Nachdem bereits einige Polizisten gehört worden sind, geht es am Montag, 21. November mit der Sichtung des Videomaterials weiter, dass damals bei Youtube aufgetaucht ist. Ein Urteil wird am 28. November erwartet.