NRW Hätte Hannelore Kraft für NRW mehr herausholen können?
Landtagsdebatte über die Neuregelungen der Bund-Länder-Finanzen und Unwägbarkeiten bei den Plänen zur Autobahnverwaltung.
Düsseldorf. Hat Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) im Oktober bei der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen Gutes für das Land erreicht — oder eher nicht? Darum ging es am Mittwoch bei der Debatte im Landtag, in der Kraft zunächst mal, kaum überraschend, ihre positive Sicht der Dinge wiedergab.
Nach der Einigung muss der Bund den Ländern mehr Geld überweisen, erhält dafür aber auch mehr Kompetenzen. NRW wird nach bisherigen Kalkulationen ab 2020 um 1,4 Milliarden Euro pro Jahr entlastet.
Kraft pries den von NRW durchgesetzten Wegfall des Umsatzsteuervorwegausgleichs, die bisherige erste Stufe des Umverteilungssystems zwischen Bund und Ländern. Das sorge für Transparenz. Bisher stand NRW oft als Nehmerland da, obwohl es laut Landesregierung unter dem Strich mehr Geld gibt, als erhält.
Auch habe man in NRW „mehr Geld zur Verfügung, darüber freue ich mich.“ Die Ministerpräsidentin betonte, dass die Länder einen umfangreichen Forderungskatalog des Bundes als Gegenleistung für die üppiger an die Länder fließenden Mittel abwehren konnten. Einige Kompromisse habe man jedoch eingehen müssen. Einer davon: die vereinbarte neue Zuständigkeit für Bundesautobahnen. Hintergrund ist die bisherige Doppelzuständigkeit von Bund und Ländern für Bundesfernstraßen. Sie gehören dem Bund, werden aber in dessen Auftrag von den Ländern mit eigenen Behörden verwaltet. Der Bund zahlt deshalb für die Investitionen, die Länder für Planungen, Genehmigungsverfahren und ihr Personal.
Nun ist zwischen Bund und Ländern vereinbart worden, dass eine privatrechtlich organisierte „Infrastrukturgesellschaft Verkehr“ fürs Finanzieren, Planen und Bauen kommen soll. Die Piraten im Landtag malen hier ein düsteres Bild. Ihr Abgeordneter Nicolaus Kern warnte, dass dies am Ende zu einem Wegezoll privater Investoren führen werde, weil die Anteile an der Infrastrukturgesellschaft durch den Bund an Private verkauft werden könnten. Das werde zu privat finanzierten Autobahnprojekten führen, die für die Allgemeinheit teurer würden.
Kraft versicherte, ihr sei es in den Verhandlungen wichtig gewesen, dass das „unveräußerliche Eigentum des Bundes“ an Autobahnen und Straßen im Grundgesetz festgeschrieben worden sei. Das bedeute: es gebe keine Privatisierung.
Oppositionsführer Armin Laschet (CDU) mochte das Ergebnis der Verhandlungen, an denen ja auch seine Parteifreunde in Bund und Ländern beteiligt waren, nicht mit der für ihn sonst bekannten Verve angreifen. Er kritisierte jedoch, für Nordrhein-Westfalen sei nicht genug dabei herausgeholt worden. Bei der Verteilung der Finanzmittel seien im Bundesdurchschnitt für die Länder 116 Euro pro Kopf herausgesprungen, für NRW aber nur 80 Euro.
Kraft hingegen wies darauf hin, NRW wolle mit ärmeren Ländern und Stadtstaaten weiter solidarisch sein. Und ihr Finanzminister und Parteifreund Norbert Walter-Borjans sagte, NRW habe sich „nicht als Melkkuh über den Tisch ziehen lassen. Wir wollten aber auch nicht in Siegerpose vom Platz gehen.“