Die Sexualisierung der Jugend
Fiktion und Realität verschwimmen auf gefährliche Weise.
<strong>Düsseldorf/Solingen. Hanna (Name geändert) will gefallen. Manche Jungs in ihrem Umfeld stellen bestimmte Ansprüche, die will sie erfüllen. Bei "Gang-Bang"-Partys - viele Männer haben Sex mit wenigen Frauen - war sie schon öfter dabei. "Ich hab’ auch mal Drogen genommen, um dabei mitzumachen. Sonst geht das nicht." Ihre Rolle für die Männer - sie wird beim Sex zum Objekt - erscheint der 16-Jährigen dabei nicht ungewöhnlich. Und den Jungs sowieso nicht. "owas machen doch alle." Warum macht ein Mädchen da mit? Warum wollen Jungs das erleben? In der Solinger Clearingstelle, Ansprechstation für Jugendliche, beobachtet Christina Prosch, welche Folgen der Konsum von Pornografie hat: "Bei Jungs werden die Ansprüche immer höher. Frauen haben attraktiv zu sein und viel mitzumachen. Sie werden benutzt, aber sie lassen sich auch benutzen." Während Jungen durch vermehrten Konsum von Pornografie eine dominante Rolle vorgelebt wird, kommen Mädchen in eine für sie normal gewordene Gefügigkeit.
Maximilian Hartkopf hat als Leiter der Fachstelle "Aus.Wege" der Arbeiterwohlfahrt in Düsseldorf mit denen zu tun, die Pornos und Gewalt nicht nur in der Fantasie ausgelebt haben - er betreut Jugendliche, die sexuell misshandelt haben. "Ein 14-Jähriger hat geprahlt, mehr als 100 Pornos zu Hause zu haben. Die Gefahr der Pornografie ist, dass Jugendliche davon ausgehen, die Wünsche der Frauen im Film seien real."
Auch Hartkopf glaubt, dass sich die Ansprüche an Sexualität durch die Medien verändert haben. "Jugendliche bekommen das doch jeden Tag zu sehen." Ihnen erscheine es ganz normal, wenn Frauen Sex mit mehreren Männern gleichzeitig hätten oder gedemütigt würden. Die Frau werde zum Objekt, das auch Gewalt zu ertragen habe. Dazu komme eine erschreckende Unkenntnis in Sexualkunde.
JIM-STUDIE: Laut Jim-Studie 2006 (Jugend, Information, Mutimedia) gibt jeder dritte Jugendliche an, Gewalt- oder Pornovideos auf dem Handy gesehen zu haben.
WIRKUNG: Experten zufolge kann Pornografie die Persönlichkeit und die Einstellung zu Sex verändern. Bei bestimmten Veranlagungen kann der Konsum zu Straftaten führen.
STRAFTATEN: "Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung" gab es laut Kriminalitätsstatistik 2006 rund 37 000. Der Anteil der Delikte, den Jugendliche begangen haben, stieg von elf auf 15 Prozent - im Vergleich zu 1999. Mehr als 5500 Täter im vergangenen Jahr waren minderjährig.
VERFÜGBARKEIT: Vor allem das Internet ist voll von Pornografie. Schutz können Kindersicherungen bieten.