VRR: „Kriegserklärung“ an die Deutsche Bahn
Nahverkehr: Der Verbund wendet sich privaten Anbietern zu und kürzt seine Angebote.
Düsseldorf. Der Streit zwischen dem Verkehrsverbund Rhein Ruhr (VRR) und der Deutschen Bahn AG eskaliert. Wie gestern aus VRR-Kreisen verlautete, wird der Verwaltungsrat des größten nordrhein-westfälischen Verkehrsverbundes morgen der Bahn eine regelrechte "Kriegserklärung" übermitteln. Jährlich werde der VRR als Vertragsstrafe künftig 45,5 Millionen Euro weniger an das Unternehmen zahlen. "Wir haben unsere Verträge mit der Bahn überprüft - das ist der Betrag, den wir zu viel bezahlen", hieß es. "Das ist kein Vertragsbruch, sondern zwingendes Recht."
Für den Fall, dass die Bahn mit Zugausfällen kontert, sei man bereits in Verhandlungen mit privaten Anbietern, die "kurzfristig einspringen" könnten.
Darüber hinaus soll ab sofort eine jährliche Fahrleistung von 10 Millionen Streckenkilometern für den freien Wettbewerb ausgeschrieben werden. Bis 2014 könnte dann maximal ein Viertel des VRR-Verkehrs durch Neufahrzeuge privater Bahnen abgedeckt werden. Auch die anderen Verkehrsverbünde planen dem Vernehmen nach, sich künftig konsequent für private Konkurrenten der Bahn zu öffnen und ein gemeinsames Konzept zu erarbeiten. Es handele sich um "Ausschreibungen im großen Stil".
Der VRR wirft der Bahn nicht nur zu hoch angesetzte Kosten vor, sondern auch mangelnde Qualität. Die Züge seien zu unpünktlich, zu schmutzig und zu alt. Auch die Bahnhöfe seien vielfach in einem verheerenden Zustand. Vor allem an den Bahnlinien RE 7 (Rheine-Münster-Kre-feld) und RE 4 (Dortmund-Wuppertal-Aachen) lässt der VRR kein gutes Haar.
In diesem Jahr klafft zwischen den vom Staat bereitgestellten Fördermitteln für den VRR und den Forderungen der Bahn an den Verbund eine Finanzierungslücke von 30 Millionen Euro. Das führt zu weiteren Streckenkürzungen von drei Prozent, die ebenfalls morgen im einzelnen beschlossen werden sollen. Betroffen sind davon vor allem Nachtexpress-Angebote, Zusatzzüge und Verbindungen an Wochenenden - insgesamt fallen ab dem VRR-Fahrplanwechsel 850 000 Zugkilometer dem Rotstift zum Opfer.
Vergangene Woche waren die Gespräche zwischen VRR und Bahn ergebnislos abgebrochen worden. Die Bahn habe sich allen "qualitätsverbessernden Maßnahmen verweigert", hieß es beim VRR. Das Unternehmen habe dem VRR dazu geraten, die Finanzierungslücke durch weitere Anhebungen der Fahrpreise zu decken. Ohnehin hebt der VRR seine Preise drastisch an. Ab 1. August müssen Kunden 3,9 Prozent mehr bezahlen.