Schüler mobben Lehrer im Internet
Kein Streich mehr: Lehrer-Fotos werden in Pornofilme oder Gewaltvideos hineingebastelt. Die Qualität des Mobbings geht weit über Dumme-Jungen-Streiche hinaus.
Düsseldorf. Viele Lehrer in Nordrhein-Westfalen haben Angst oder zumindest ein ungutes Gefühl, wenn sie morgens zur Schule gehen. Immer häufiger kommt es vor, dass Schüler heimlich Videos von Lehrern drehen und ins Internet setzen. Oder noch schlimmer: Sie basteln Fotos von ihren Lehrern in Pornofilme oder Gewaltvideos. Die werden im Internet oder über Handys verbreitet.
"Das Mobbing gegen Lehrer nimmt zu. Schüler nutzen die Anonymität des Internets, um sich an Lehrern zu rächen oder ihnen zu drohen", sagt Peter Silbernagel, Vorsitzender des Philologenverbandes NRW. Morddrohungen häufen sich, kürzlich fand sich ein Lehrer aus NRW als Zielscheibe im Ballerspiel "Counterstrike" wieder. Die Schule konnte die verantwortlichen Schüler ausfindig machen.
Die Qualität des Mobbings geht weit über Dumme-Jungen-Streiche hinaus. "Die Schüler wissen nicht, was sie anrichten. Es gibt traumatisierte Lehrer, die psychologische Hilfe brauchen", berichtet Silbernagel. An jeder weiterführenden Schule in Deutschland gebe es Fälle von anonymem Lehrermobbing im Internet, schätzt der deutsche Philologenverband.
Die Lehrer kritisieren auch die Internetseite "spickmich.de". Dort können Schüler ihre Lehrer benoten. Die Kategorien sind dabei recht grob: Neben fairer Notengebung und Gelassenheit wird auch das Sexappeal bewertet. Zwar verbieten die Macher Schimpfworte und Beleidigungen, die Lehrer fühlen sich dennoch der Willkür der Schüler ausgesetzt.
Der deutsche Philologenverband fordert die Politik auf, mehr Druck auf die Betreiber von Internetseiten und Chatforen auszuüben, um diffamierende Inhalte zu sperren. Silbernagel geht noch einen Schritt weiter: "Wir brauchen ein Handy-Verbot im Unterricht." Das würde das Problem zumindest eindämmen.
Silbernagel hält auch den Vorschlag von NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) für sinnvoll, Handy-Videos mit digitalen Wasserzeichen zu kennzeichnen. Tauchen Gewaltvideos auf, könnten der Urheber und die Telefone, von denen weitergesendet wurde, dann zugeordnet werden: "Der Missbrauch der Handys nimmt immer weiter zu."