Nach kontroverser Debatte Essener Tafel nimmt wieder Ausländer als Neukunden auf
Essen (dpa) - Die Essener Tafel nimmt von Mittwochnachmittag an wieder Ausländer als Neukunden auf. Das hat der Vorstand des Trägervereins beschlossen. Zuvor sollen alle elf Außenstellen des Vereins über die Details des Beschlusses informiert werden, wie der Vereinsvorsitzende Jörg Sartor sagte.
Seit dem 10. Januar hatte die Hilfsorganisation Ausländer als Neukunden bei der Essensausgabe abgelehnt und damit bundesweit eine kontroverse Diskussion ausgelöst. Die Tafel hatte diesen Schritt mit einem sehr hohen Anteil an Ausländern unter ihren Kunden begründet. Gerade ältere Menschen und alleinerziehende Mütter hätten sich von den vielen fremdsprachigen jungen Männern in der Warteschlange abgeschreckt gefühlt, hieß es.
Nachdem sich unter anderem auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisch geäußert hatte, war am 9. März bei einem Runden Tisch eine neue Lösung gefunden worden: Demnach soll bei Kapazitätsengpässen der Tafel die Herkunft der Bedürftigen künftig kein Kriterium mehr sein. Stattdessen sollen - unabhängig von ihrer Nationalität - Alleinerziehende, Familien mit minderjährigen Kindern sowie Senioren bevorzugt aufgenommen werden. An dem Runden Tisch hatten Vertreter der Essener Tafel, der Essener Wohlfahrtsverbände sowie des Verbundes der Essener Migrantenselbstorganisationen teilgenommen.
Merkel hatte die Entscheidung, vorübergehend keine Ausländer mehr aufzunehmen, Ende Februar in einem Interview des Fernsehsenders RTL kritisiert. Wörtlich sagte sie: „Da sollte man nicht solche Kategorisierungen vornehmen. Das ist nicht gut.“ Aber die Entscheidung der Ehrenamtlichen in Essen zeige auch „den Druck, den es gibt“, und wie viele Bedürftige auf Lebensmittelspenden angewiesen seien.
Der Chef des Tafel-Bundesverbandes hatte die Kritik der Kanzlerin zurückgewiesen. „Wir lassen uns nicht von der Kanzlerin rügen, denn die aktuelle Entwicklung ist eine Konsequenz ihrer Politik“, hatte der Verbandsvorsitzende Jochen Brühl der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ gesagt.