Finanzieller Druck wird wachsen
Nach Mehreinnahmen in diesem Jahr fürchten die Krankenhäuser für 2010 die Folgen der schweren Wirtschaftskrise.
Düsseldorf. An den Krankenhäusern herrscht in diesem Jahr ein zwiespältiges Gefühl. Einerseits atmen die Klinikdirektoren wegen außerordentlicher Mehreinnahmen deutlich auf. Angesichts der schweren Wirtschaftskrise herrscht aber Angst, dass es nur ein kurzes Durchatmen ist.
Seit Jahren klagen die Kliniken über eine drastische Finanzierungslücke - sei es bei den laufenden Kosten, die durch die Krankenkassen getragen werden, sei es bei den Investitionsmitteln - die die Länder aus Steuermitteln finanzieren. An beiden Fronten durften sich die Klinikbetreiber 2009 über gute Nachrichten freuen: Unter anderem für mehr Pflegepersonal fließen zwei Milliarden Euro zusätzlich.
Und auch aus dem Konjunkturpaket II gibt es Geld - allein in NRW 370 Millionen für die Kliniken. Die Talfahrt sei gestoppt, heißt es bei der Krankenhausgesellschaft NRW. Nach ihren Angaben beträgt aber der aktuelle Investitionsstau allein an den rund 430 nordrhein-westfälischen Krankenhäusern rund 14,6 Milliarden Euro.
Zudem wird es laut einer Studie bereits kommendes Jahr kaum noch frohe Botschaften geben. Wenn die Wirtschaftskrise den Arbeitsmarkt erreicht hat, sinken die Einnahmen der Krankenkassen. Auch die hohe Schuldenlast der öffentlichen Haushalte werde den Druck auf das Gesundheitssystem erhöhen, heißt es in einer Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen.
Das RWI rechnet damit, dass in den kommenden Jahren weitere Kliniken schließen werden. Zudem werde die Privatisierung von Kliniken und die Kettenbildung weiter voranschreiten. Die nächste Gesundheitsreform nach der Bundestagswahl dürfte - so die RWI-Experten - "eine Kostensenkungsreform" werden.
Jürgen Wasem, Gesundheitsökonom an der Universität Duisburg-Essen erläutert, dass überdurchschnittlich teure Häuser besonders hart von der Finanzierungsreform getroffen worden seien. Danach werden nicht mehr alle anfallenden Kosten erstattet, sondern die Kassen zahlen Pauschalen für bestimmte Leistungen - die sogenannten Fallpauschalen. Hinzu komme, dass die Länder ihre Investitionsmittel zum Teil drastisch zurückgefahren hätten. Das Angebot eines privaten Investors komme für manchen Stadtkämmerer dann wie gerufen.
Wie das RWI rechnet auch Wasem damit, dass die Zahl der Klinikschließungen und der Privatisierungen steigen wird. Er hält aber weder Bettenabbau, noch Kosteneinsparungen oder den Verkauf für eine Katastrophe und warnt vor pauschaler Kritik. So gebe es keinen Beleg dafür, dass der Verkauf öffentlicher Kliniken an private Investoren zu einem Qualitätsverlust führen müsse. Extrembeispiele wie der Skandal am Krankenhaus Wegberg seien grundsätzlich auch an öffentlichen Kliniken möglich.
Zugleich könnten Einsparungen an Kliniken sogar zu Qualitätssteigerungen führen. Wasem führt ein Beispiel an: klare Leitlinien, wie ein Patient ein Krankenhaus effektiv durchlaufen könne. Dies spare Geld und nutze der Behandlung.