Gemeinschaftsschule in NRW vom Gericht vorerst gestoppt
Ministerin Löhrmann ruft nächste Instanz an. CDU will über Schulfrieden reden.
Düsseldorf. Es ist das ehrgeizigste Bildungsprojekt der rot-grünen Minderheitsregierung in NRW, und es hat nun einen schweren Rückschlag erlitten: Das Verwaltungsgericht Arnsberg hat die Einrichtung einer Gemeinschaftsschule im sauerländischen Finnentrop gestoppt.
Die Richter folgten einer Klage der Nachbarstädte Attendorn und Lennestadt, machten dabei aber grundsätzliche Bedenken zur rechtlichen Grundlage der Schulform geltend. Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) reagierte: „Wir legen Einspruch vor dem Oberverwaltungsgericht ein.“
In der zweiten Instanz soll dann noch vor der Sommerpause entschieden werden, ob die Gemeinschaftsschule in Finnentrop wie geplant nach den Ferien im Sommer starten kann. Die Gemeinschaftsschule bietet alle Schulabschlüsse an und bis zur sechsten Klasse einen gemeinsamen Unterricht aller Kinder. Mit diesem integrativen Ansatz wollen SPD und Grüne die Bildungschancen von Kindern aus sozial schwächeren Familien erhöhen.
Bisher sind 14 Gemeinschaftsschulen genehmigt — als Bestandteil eines Schulversuchs. Dagegen ging nun aber das Gericht vor. Es berief sich auf die Aussage im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen, nach dem bis zu 30 Prozent aller Schulen in NRW mittelfristig zu Gemeinschaftsschulen werden sollen. Dann aber müsse dies im Schulgesetz geregelt werden, sagten die Richter und geißelten damit die neue Schule als außerhalb des Gesetzes stehend.
„Wir arbeiten mit Hochdruck an einem Gesetz“, sagte Löhrmann. Sie widersprach der Auslegung, die Gemeinschaftsschulen seien quasi am Gesetz vorbei installiert worden. „Wir haben immer gesagt, wir werden ein neues Schulgesetz vorlegen, wenn es 50 oder mehr Gemeinschaftsschulen geben wird“, so Löhrmann. Da es mehr als 40 weitere Anträge aus Gemeinden gebe, werde bald ein Gesetz vorgelegt.
Die CDU sieht sich in ihrer Skepsis gegen die Gemeinschaftsschule bestätigt. Der Chef der Landtagsfraktion, Karl-Josef Laumann, sprach von einer „ Ohrfeige“ für Löhrmann. Doch gleichzeitig will er den Richterspruch dazu nutzen, in der Bildungspolitik mit der Regierung ins Gespräch zu kommen.
„Wir bieten Gespräche über den Schulfrieden an“, sagte Laumann. Das Angebot, sich auf einen Konsens bei den Schulformen zu einigen, richte sich an SPD, Grüne und FDP, nicht an die Linke.
Die bisherigen Dialogofferten der Landesregierung bezeichnete Laumann als nicht ausreichend, nun müssten die politischen Entscheider ran. Er nannte die Chance „historisch“, schließlich habe es zuletzt Ende der 60er Jahre einen Schulfrieden in NRW gegeben. Die CDU habe nun den ersten Schritt gemacht, weil sie beim jüngsten Landesparteitag in Siegen die Gesamtschule anerkannt habe. „Nun ist Rot-Grün am Zuge“, so Laumann.