Geschäfte mit Steuer-Spitzeln

Steuerverrat: Eine Hagener Firma will mit der Denunziation von Finanz-Sündern Kasse machen.

Düsseldorf. Informationen über Steuer- und Finanzsünder sind bei Ermittlern heiß begehrt. Die Fahnder setzen dabei vielfach auf Mithilfe aus dem Volk: neidische Nachbarn, betrogene Ehefrauen, verlassene Geliebte oder Ex-Geschäftspartner, die sich über den Tisch gezogen fühlen. Sie alle sind potenzielle Hinweisgeber auf Steuerstraftaten oder Korruptionsdelikte - und das schon seit langem.

Doch jetzt hat eine Hagener Firma das geheime Wissen solcher Hinweisgeber als Geschäftsmodell entdeckt und will damit Kasse machen. Die Idee sei ihm bei den Steuer-Razzien unter anderem gegen Ex-Postchef Zumwinkel gekommen, sagt Firmengründer Jörg Sprave (43).

Denn der Liechtensteiner Datendieb, dessen Disketten die Steuer-Razzien ausgelöst hatten, soll immerhin rund fünf Millionen Euro Belohnung vom Bundesfinanzministerium erhalten haben.

Solche Belohnungen von staatlicher Seite könnten doch auch andere Hinweisgeber bekommen, vermutet Diplom-Kaufmann Sprave - und gründete jetzt mit seinem Bruder und einem dritten Geschäftspartner in Hagen die Firma Steuerverrat GbR.

Auf deren Internet-Seite heißt es offen: "Sie haben Kenntnis über einen Fall der Steuerhinterziehung? Sie besitzen vielleicht sogar Beweise? Sie möchten ganz leicht viel Geld aus diesem Wissen schlagen? Dann sind Sie hier richtig!"

Es folgen Beispiele von Steuerhinterziehungen, die von Bilanzmanipulationen über Verwendung von Heizöl in Diesel-Pkw bis zur Schwarzarbeit reichen. "Wenn Sie solche Fälle kennen und idealerweise konkrete Hinweise und/oder sogar Beweise haben, dann können Sie mit uns viel Geld verdienen", heißt es weiter.

Dabei bietet Steuerverrat "ausdrücklich weder eine Rechts- noch eine Steuerberatung an", sondern sieht sich "lediglich als Vermittler zwischen potenziellen Informanten und Behörden". Über diese "Vermittlung" heißt es: "Wir arbeiten ausschließlich auf Erfolgsbasis. Von den erzielten ,Belohnungen’ behalten wir lediglich einen Anteil von 15 Prozent - der Rest ist für Sie."

Angeblich gibt es bereits ein reges Interesse von Strafverfolgungs- und Finanzbehörden. Im NRW-Justizministerium allerdings kennt man die Hagener Firma gar nicht - und bezweifelt auch, dass deren System funktioniert. Ministeriumssprecher Ralph Neubauer: "Die Strafprozessordnung sieht nicht vor, dass die Staatsanwaltschaft Informationen kauft."

Im NRW-Finanzministerium hingegen ist die Hagener Firma durchaus bekannt. Sprecherin Steffi Hagelüken: "Unsere Justizabteilung prüft den rechtlichen Hintergrund dieses Modells - ein Ergebnis steht noch aus."

Einer allerdings hält absolut nichts von dem Modell: Oberstaatsanwalt Bernd Bienioßek, Sprecher der Bochumer Staatsanwaltschaft, die mithilfe der gekauften Liechtensteiner Daten derzeit die Steuer-Razzien in Deutschland durchführt.

"Wir kennen diese Firma nicht. Deshalb kann ich dazu nur meine ganz persönliche Meinung äußern: Anonyme Hinweise sind eine Sache. Aber wenn dafür im Gegenzug Geld gezahlt wird, sehe ich die große Gefahr, dass Beweise für die Taten rechtswidrig beschafft werden könnten."