Großes Aufatmen für Rot-Grün in NRW - Linke stützt Haushalt

Scheitert der Haushalt 2011, dann scheitert auch die rot-grüne Minderheitsregierung in NRW. Über diese große Schicksalsfrage entscheidet die kleine Linke. Am Mittwoch soll Etatverabschiedung sein. Kurz vorher gibt die Linke nun das Signal: Wir spielen mit.

Bochum. Ausgerechnet die Kleinste entscheidet über die bisher größte Schicksalsfrage: Von den Linken in NRW - mit elf Abgeordneten eine neue Mini-Truppe im Düsseldorfer Landesparlament - hängt Sein oder Nicht-Mehr-Sein der rot-grünen Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen ab.

Am kommenden Mittwoch soll der Haushalt für 2011 verabschiedet werden. „Wenn das im Landtag scheitert, dann ist eine Landesregierung natürlich fertig, dann gibt es nur eine Lösung“, sagt Grünen-Fraktionschef Reiner Priggen. Vorzeitige Neuwahlen. Ohne die Unterstützung der Linken geht es nicht - und die signalisiert am Sonntag nach heftigen Debatten ihr Ja.

Die Linke sendet von ihrem kleinen Parteitag in Bochum die Botschaft aus: Der Haushalt ist nicht zustimmungsfähig, aber für ein Durchwinken mittels Enthaltung reicht's. „Wir wollen im Landesparlament bleiben und versuchen alles, um weiter Druck auszuüben auf diese Landesregierung“, ruft Fraktionschef Wolfgang Zimmermann den 120 Delegierten zu, die ihm am Ende mit relativ deutlicher Mehrheit folgen.

Die Fraktion soll sich also enthalten. Denn allen ist klar: Fällt der Etat durch, kommen Neuwahlen. Die vom Verfassungsschutz beobachtete Linke würde es dann wohl nicht mehr in den Landtag schaffen. Das wäre politisches Harakiri. Die Linken-Fraktion hat Rot-Grün bisher oft die Stange gehalten - etwa bei der Abschaffung der Studiengebühren.

Sie sieht ein „professionelles Verhältnis“ zu SPD und Grünen und meint, schon einiges bewegt zu haben. Parteichef Hubertus Zdebel sieht das anders. Die Parteispitze fühlt sich überfahren, die SPD bewege sich in einem Kurswechsel auf die CDU zu. SPD und Grüne „wollen antesten, wie weit wir schon gezähmt sind“, heißt es in einem Vorstandspapier, das fordert: „Das muss Konsequenzen haben.“

Hat es nun aber nicht. Hannelore Kraft (SPD) ist seit knapp einem Jahr Chefin der einzigen Minderheitsregierung in Deutschland. Im Parlament fehlt Rot-Grün mit 90 Sitzen eine Stimme für eine eigene Mehrheit. Stets muss um die Zustimmung der Liberalen, der Linken oder Christdemokraten geworben werden. Beim Haushalt ist nun die Linke Zünglein an der Waage.

Nur wenn sie geschlossen gegen den Etat votiert, wäre Krafts Regierung weg vom Fenster. Seit der Sonntags-Botschaft der Linken scheint diese Gefahr gebannt. „Wir warten jetzt in aller Ruhe ab, wie die Linken in der kommenden Woche abstimmen werden“, sagt Regierungssprecher Thomas Breustedt der dpa. Die Linke will noch viel mehr für Soziales, Bildung und Kommunen ausgeben.

Das Geld ist aber nicht da. Die Neuverschuldung fällt mit 4,8 Milliarden Euro schon um fast eine Mrd. höher aus als die Verfassung erlaubt. Die CDU sitzt Rot-Grün im Nacken. Kraft sei „Schuldenkönigin“ in Deutschland, schimpft CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann. Da die Regierung nun aber „auf Druck der CDU“ doch noch das Wort sparen gelernt habe, sehe man von einer erneuten Klage eher ab und werde wohl auch keine vorzeitigen Neuwahlen beantragen, erklärte Landeschef und Bundesumweltminister Norbert Röttgen jüngst.

Die Entscheidung fällt aber erst am Dienstag. Im März hatte die CDU Rot-Grün eine krachende Niederlage beschert: Ihre Klage beim Landesverfassungsgericht gegen den Nachtragsetat 2010 endete damit, dass dieser für nichtig erklärt wurde. Die geplante Rekordneuverschuldung war unzulässig. Würde Rot-Grün aber nun am Etat 2011 scheitern, wäre auch die gesamte Opposition laut Umfragen Verlierer, vor allem die Linken.

Trotzdem plädierten auch viele - überstimmte - Delegierte auf einem turbulenten Parteitag vehement fürs Etat-Abschmettern und meinten: „Enthaltung ist Mist“, „ein klares Nein“ oder „Nicht mit uns“.