Hotelsteuern: NRW fordert eine Rolle rückwärts
Pinkwart und Rüttgers wollen Ermäßigung kippen.
Berlin/Düsseldorf. Ernst Burgbacher muss sich spürbar beherrschen. "Ich bleibe ganz ruhig", betont der FDP-Tourismusexperte. Jahrelang hat er für ermäßigte Mehrwertsteuersätze im Hotelgewerbe gekämpft, und nun das. Der 60-Jährige will kein böses Wort über seinen Parteifreund Andreas Pinkwart sagen, nur soviel: "Wir haben das beschlossen, und das bleibt so. Punkt." Dass FDP-Vize Pinkwart zusammen mit NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) die Hotel-Steuersenkung kippen will, dürfte indes pünktlich zum 100-Tage-Jubiläum die gerade wieder beschworene schwarz-gelbe Harmonie trüben.
Auf dem Steuergeschenk für die Hoteliers scheint kein Segen zu liegen. "Gute Politik korrigiert sich, wenn ein Gesetz den Praxistest nicht besteht", sagt Pinkwart. Wenn die Bundesregierung die seit Januar geltende Mehrwertsteuer-Senkung von 19 auf 7 Prozent für Hotel-Übernachtungen nicht wieder ändere, "bringen wir das über den Bundesrat ein", droht der stellvertretende NRW-Ministerpräsident. Die Hotel-Steuer sei zum "bürokratischen Monstrum" geworden.
Die Opposition feixt, bei Union und FDP regiere vor der Wahl am 9. Mai in Nordrhein-Westfalen blanke Panik. Wie sprachlos man im Regierungslager über Pinkwarts Vorstoß ist, das von NRW mitbeschlossene zentrale Projekt der ersten 100 Tage, das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, wieder aufzuschnüren, zeigen die ersten Reaktionen. Bei der Union "kein Kommentar" - auch bei der FDP will sich außer Burgbacher niemand äußern.
Salopp gesagt könnte man von einem Dolchstoß Pinkwarts für das im Dezember unter Mühen beschlossene Steuerpaket sprechen. Und dann sprang ihm gestern auch noch Rüttgers bei: "Es ist gut, dass Herr Pinkwart gesagt hat, dass die Absenkung der Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen ein Fehler war". Die Regierung solle den Vorschlag ernsthaft prüfen.
Pinkwart verweist nach vier Wochen Praxis-Test auf oft negative Erfahrungen. Glaubt man den Beschwerden führender Wirtschaftsverbände, beschleunigt die Steuersenkung weniger das Wachstum als vielmehr den Papierkram. FDP-Mann Burgbacher betont, tausende Jobs in der Branche seien gefährdet. Dem Marktforschungsunternehmen CHD zufolge hatten einige Betriebe zuletzt Umsatzrückgänge bis zu 25 Prozent zu verzeichnen. Für Preissenkungen ist daher wenig Spielraum.