Schulleiter gesucht Hunderte Grundschulen in NRW ohne Chef
Es wird offenbar immer schwieriger, Rektorenposten zu besetzen. Die Folge: Lehrerkollegen müssen Arbeit übernehmen und fühlen sich überfordert.
Düsseldorf. Hunderte Schulen in Nordrhein-Westfalen arbeiten ohne Schulleiter. Die Vakanz ist nicht neu, seit Jahren ist die Bewerberlage mau. Besonders gravierend ist die Lage an den Grundschulen: 365 Schulleiter fehlen derzeit nach Angaben des Schulministeriums an den 2724 Grundschulen in Nordrhein-Westfalen. Außerdem sind weitere 566 Konrektorenstellen unbesetzt. In Düsseldorf fehlen aktuell vier Grundschulrektoren und elf Stellvertreter. In Wuppertal sind es drei unbesetzte Posten sowie 17 fehlende Konrektoren.
Das Problem ist nicht neu: Schon 2015 hat eine Projektgruppe unter Leitung des NRW-Ministeriums für Schule und Weiterbildung einen Bericht veröffentlicht, der den Rektorenmangel offenlegte. Michael Schulte, Geschäftsführer der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), beklagt, dass sich in den vergangenen Jahren nicht viel getan habe. „Die Lehrer wurden viel zu lange mit dem Problem allein gelassen. Durch den Rektorenmangel müssen sie mehr Arbeit übernehmen, was schlimmstenfalls eine Verschlechterung der Qualität der Lehre nach sich zieht“, sagt Schulte.
Das Schulgesetz regelt, wer die Aufgaben des Rektors übernehmen muss, wenn die leitende Stelle nicht besetzt und auch kein Stellvertreter da ist. An der Reihe ist dann der dienstälteste Lehrer. „Dieser hat oftmals aber keine Ahnung, weil er nie eine Schulung zum Thema erhalten hat“, meint Schulte.
In Duisburg wurde jetzt ein Projekt vorgestellt, das Lehrer innerhalb eines Jahres auf den Posten als Rektor vorbereiten soll. 56 Lehrer nehmen daran teil. In der Stadt sind zurzeit zehn Stellen an den 75 Grundschulen unbesetzt, 25 der 63 Konrektorenstellen sind vakant.
Dass das Problem vorwiegend an Grundschulen auftritt, erklärt sich die GEW mit dem Arbeitspensum der Lehrer. „Grundschulrektoren unterrichten oft bis zu zwölf Stunden in der Woche. Darüber hinaus müssen sie noch vielen anderen Aufgaben nachgehen, wobei ihnen häufig Unterstützung durch ein Sekretariat fehlt“, erklärt Michael Schulte.
Auch sei das Rektorenamt oft schlecht mit der Familie vereinbar, wobei gerade der Frauenanteil an Grundschulen meist über 70 Prozent liegt. Die GEW fordert deshalb eine zeitliche Entlastung und bessere Weiterbildungsmöglichkeiten, um den Posten attraktiver zu machen.
Eine Grundschule leitet man nicht mal eben so. Zu komplex sind die Aufgaben, die mittlerweile von den Rektoren erwartet werden. Das Führen von Einstellungsgesprächen bei Lehrer-Neueinstellungen etwa gehört ebenso dazu wie die Verwaltung des Schuletats, sagt etwa Martin Fey. Der 61-Jährige ist Sprecher der Grundschulleitungen im Stadtverband Duisburg der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) — und leitet selbst eine Grundschule.
„Die neue Landesregierung in Nordrhein-Westfalen wird Maßnahmen zur besseren Besetzung von Schulleitungspositionen ergreifen“, sagt ein Sprecher des NRW-Schulministeriums. Zu diesen Maßnahmen sollen beispielsweise sogenanntes Jobsharing sowie frühzeitige Mentorenprogramme gehören.
Außerdem hat die NRW-Landesregierung in ihrem am Mittwoch verabschiedeten Haushalt 2018 die bei der vergangenen Besoldungserhöhung übergangenen Stellvertreterfunktionen berücksichtigt und entsprechend angehoben.
Stefan Behlau, Landesvorsitzender der Lehrergewerkschaft Verband Bildung und Erziehung (VBE) NRW fordert ein gut finanziertes Bildungs- und Schulsystem, um sowohl den Schulleiter- als auch den Lehrermangel zu beheben. Er sieht es auch kritisch, dass das Duisburger Pilotprojekt zur Gewinnung von Rektoren von der Wübben-Stiftung unterstützt werde. „Den Nachwuchs zu gewinnen, ist richtig. Für die Gewinnung von Führungskräften sollte jedoch der Dienstherr sorgen“, sagt Behlau.