Immun gegen die Ausschließeritis
Parteien nicht grundsätzlich gegen „Jamaika“ – aber große Skepsis.
Düsseldorf. Das an der Saar geplante erste schwarz-gelb-grüne Bündnis ("Jamaika") beflügelt die Koalitions-Phantasien in Nordrhein-Westfalen. In rund sieben Monaten wird im bevölkerungsreichsten Bundesland gewählt. Schafft die Linkspartei den Sprung in den Landtag, dann könnte es auch am Rhein mit klassischen Zweierbündnissen vorbei sein.
Angesichts dieser Aussichten schlossen Vertreter von CDU, FDP und Grünen am Montag in Düsseldorf "Jamaika" nicht grundsätzlich aus. Ein leidenschaftliches Bekenntnis für das südamerikanische Farbenspiel kam aber angesichts großer inhaltlicher Unterschiede von keiner der drei Parteien.
Das Desaster der hessischen SPD unter deren früheren Vorsitzenden Andrea Ypsilanti, es hat tiefe Spuren hinterlassen. Ypsilanti hatte im Landtagswahlkampf immer wieder ein Bündnis mit der Linkspartei ausgeschlossen, um diese Machtoption dann nach der Wahl doch ziehen zu wollen - mit den bekannten verheerenden Folgen für die Sozialdemokraten.
Das Beispiel hat bei den anderen Parteien offenbar zu einer Immunisierung gegen die "Ausschließeritis" geführt. Allerdings birgt das Offenhalten von Koalitionsoptionen auch Risiken. Denn mit einer zu starken Annäherung an potenziell neue Partner, mit denen es nur wenige inhaltliche Schnittmengen gibt, verschrecken Parteien leicht die eigene Klientel.
Entsprechend vorsichtig waren die gestrigen Äußerungen zu "Jamaika" in Düsseldorf. Andreas Pinkwart, Chef der NRW-FDP und stellvertretender Ministerpräsident, betonte zwar, dass er nicht zu denen gehöre, die eine Zusammenarbeit zwischen demokratischen Parteien "von vornherein ausschließen". Er arbeite aber daran, dass die schwarz-gelbe Landesregierung nach der Wahl weitermachen könne. Zugleich attackierte er die Grünen, weil diese einer Zusammenarbeit mit der Linkspartei keine klare Absage erteilten.
Die beiden Landesvorsitzenden der NRW-Grünen, Daniela Schneckenburger und Arndt Klocke, betonten, die Entscheidung im Saarland habe "keine Signalwirkung" auf andere Bundesländer. Sie ergänzten aber, dass der Landesverband "grundsätzlich mit allen im Bundestag vertreteten Parteien gesprächsbereit" sei.
Reiner Priggen, Fraktionsvize der Grünen im Landtag, sagte unserer Zeitung, sein Ziel sei nicht "Jamaika", sondern dass die FDP nicht mehr Teil der Landesregierung sei. Insbesondere in der Bildungs- und Energiepolitik seien die Positionen der Liberalen "konträr" zu denen der Grünen. Auch er schloss aber kein Bündnis aus. CDU-Generalsekretär Hendrik Wüst betonte, von "Jamaika" sei man "noch sehr, sehr weit entfernt".