Jobcenter behalten ihr altes Türschild
Der Bund-Länder-Kompromiss ist nach der Blockade der Union vorerst gescheitert. Alles hängt nun von der Bundestagswahl ab.
Kassel/Düsseldorf. Leistungen "aus einer Hand" sind das Schlagwort bei Hartz IV. Doch die "eine Hand" diente von Beginn an zwei Köpfen: dem Bund mit seiner Bundesagentur für Arbeit (BA) und der Kommune vor Ort. Was bislang Arbeitsgemeinschaft oder kurz Arge heißt, sollte nach einem Bund-Länder-Kompromiss künftig "Zentrum für Arbeit und Grundsicherung" (ZAG) heißen. Doch wegen des Widerstands in der Union gegen die dafür notwendige Grundgesetzänderung wird aus dem neuen Türschild erst einmal nichts.
In der Düsseldorfer Staatskanzlei ist man entsetzt über die Vorgänge in Berlin. Zwar hält sich NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) offiziell zurück und gibt keine Stellungnahme zu seiner Düpierung durch die Unions-Bundestagsfraktion ab. Doch intern brodelt es. Landesarbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte das Scheitern des von Rüttgers ausgehandelten Kompromisses als "Katastrophe" bezeichnet.
Rüttgers sei genau der gleichen Meinung, hieß es am Mittwoch aus der Staatskanzlei. Besonders enttäuscht sei er über das Verhalten von Bundestagspräsident Norbert Lammert und dem Parlamentarischen Geschäftsführer Norbert Röttgen.
Die beiden einflussreichen Strippenzieher haben Stimmung gegen den Rüttgers-Kompromiss gemacht und ihn damit gekippt. Pikant: Beide stammen aus der NRW-CDU und wurden gerade erst am Samstag mit dem Segen von Rüttgers mit Traumergebnissen auf gute Listenplätze für die nächste Bundestagswahl gehievt.
Bis Ende 2010 bleibt nun auch für die sechs bis sieben Millionen Hartz-IV-Empfänger alles beim Alten. Was danach kommt, hängt vom Ausgang der Bundestagswahl ab. In den Jobcentern sind die Gemeinden zuständig für die Unterkunft der Hilfsbedürftigen, für soziale Dienste wie Schuldnerberatung und die Kinderbetreuung von Alleinerziehenden, die eine Arbeit suchen. Der Bund zahlt Hartz IV und die Arbeitsförderung. Dies wird dann für die Betroffenen in einem Bescheid des Jobcenters zusammengefasst.
Bei einem "Aus" für die gemeinsame Betreuung ist es auch damit vorbei. Dann wird alles nach Einschätzung von Fachleuten viel komplizierter. Es braucht dann zwei Behördenbescheide, es gibt keine Leistungen mehr aus einer Hand, die Betroffenen müssen zweimal eine Vermögensprüfung über sich ergehen lassen.
Derzeit gibt es 349 Jobcenter mit fast 61 000 Beschäftigten; knapp 14 000 sind befristet angestellt. In 55 Argen laufen die Kooperationsverträge Ende 2009 aus. Diese sollen nach einer Ankündigung vom Mittwoch um ein Jahr verlängert werden.
Die Hartz-IV-Arbeitsmarktreform führte 2005 die vom Bund finanzierte Arbeitslosenhilfe mit der von den Kommunen getragenen Sozialhilfe im neuen Arbeitslosengeld II - umgangssprachlich: Hartz IV - zusammen. Die Kosten für die Betreuung der Langzeitarbeitslosen lagen 2008 bei knapp 45 Milliarden Euro. Rund 35 Milliarden Euro trug davon der Bund.