RWTH Aachen Klausuren verloren und Noten für nichts - Laschets Hochschuldebakel
Wissenschaftsminister könnte CDU-Politiker Armin Laschet wohl nicht mehr werden. Ausgerechnet an einer Elite-Hochschule passieren ihm im Ehrenamt mysteriöse Dinge: Klausuren verschwinden und es gibt Ersatznoten für nie geschriebene Arbeiten.
Düsseldorf. Am liebsten will Armin Laschet gar nichts sagen, als er am Dienstag vor den Türen der Düsseldorfer Landtagsfraktion zur „Noten-Affäre“ befragt wird. Hat er als ehrenamtlicher Dozent der renommierten Exzellenz-Hochschule RWTH Aachen mehr oder weniger freihändig Noten vergeben? So berichten es mehrere Medien. Erst nach fast einer Stunde stellt sich der CDU-Landes- und Fraktionschef den wartenden Journalisten.
Heraus kommt eine Geschichte mit mehreren Sonderbarkeiten: Auf dem Postweg sollen vor Monaten Klausuren von über 30 Teilnehmern des Master-Europastudiengangs der RWTH verloren gegangen sein. So schildert es Laschet, der die Arbeiten als Lehrbeauftragter zu bewerten hatte. Um den Studenten eine Wiederholung der Klausur zu ersparen, habe er der Universität vorgeschlagen, anhand seiner Notizen eine Bewertung zu „rekonstruieren“.
Merkwürdig: Dabei kamen auch Noten für Studierende heraus, die gar nicht an der Klausur teilgenommen hatten - und ausnahmslos gute. „Das ist sehr kompliziert“, sagt der CDU-Politiker, der auch Vizechef der Bundespartei ist. Wie das passieren konnte, sei noch unklar.
Offenbar habe Laschet die Noten ausgewürfelt, spottet der Generalsekretär der NRW-SPD, André Stinka, in einer Mitteilung. Die Bilanz der „Noten-Affäre“ sei: „Kniffel-Armin verpasst den Bonus.“ SPD-Landtagsfraktionschef Norbert Römer setzt obendrauf: „Wer sich so verhält, kann nicht Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen werden.“
Nebulös ist, inwieweit die Hochschule im Vorfeld über die unorthodoxen Ersatzbewertungen im Bilde war. „Natürlich war das abgesprochen“, sagt Laschet. Die Dekanin der Philosophischen Fakultät der RWTH, Christiane Roll, teilt dagegen mit, Laschet habe die nachträgliche Bewertung anhand seiner Notizen „noch vor der Rücksprache mit dem Prüfungsausschuss“ vorgenommen.
„Das kann ein Missverständnis in der Kommunikation sein“, sagt die Sprecherin der RWTH, Renate Kinny, der Deutschen Presse-Agentur. „Herr Laschet ist im Gefühl, er hätte vermittelt, dass er so vorgehen wird.“ Einwendungen der betroffenen Studierenden habe es nicht gegeben.
Dass Klausuren eines kompletten Seminars auf dem Postweg verloren gehen, sei ihr aus der 135-jährigen Geschichte der Hochschule nicht bekannt. Eine Konsequenz sei nun aber gezogen worden: Prüfer nehmen nur noch Kopien mit nach Hause, die Originale bleiben an der Hochschule.
Spekulationen, ob Laschet das Malheur möglicherweise mit einem Noten-Lifting vertuschen wollte, weist Kinny zurück. Eine 2,3 als schlechteste Note sei „bei Veranstaltungen dieser Art“ nicht ungewöhnlich. Die Klausuren waren im vergangenen Sommer nach einem fünftägigen Ausflug in den Berliner Politikbetrieb entstanden.
„Ärgerlich“, sei der ganze Vorgang, räumt Laschet ein. Die nachträgliche Bewertung verteidigt er aber als „sachgerechte Lösung“. Ein Fehler sei es allenfalls gewesen, die benoteten Klausuren seines Blockseminars „Die Europapolitik in der Berliner Republik“ nicht persönlich abzugeben. Dazu war er allerdings auch nicht verpflichtet.
Hochschulrechtlich ist Laschets Vorgehen nach Darstellung des NRW-Wissenschaftsministerium nicht zu rügen. Grundsätzlich müssten verschwundene Klausuren zwar nachgeschrieben werden. Wenn die Arbeiten aber bereits abschließend bewertet und das Ergebnis „zuverlässig festgehalten“ worden sei, könne davon abgesehen werden.
Wie zuverlässig das war, sehen SPD und Grüne allerdings nicht hinreichend klar erwiesen. Da der Oppositionspolitiker selbst bei jeder Gelegenheit Transparenz und Aufklärung von den rot-grünen Regierungsfraktionen fordert, dürften die ihn nun noch eine Weile in die Zange nehmen.
Dass sein Rückzug aus der Hochschule - nach immerhin 16 Jahren - zwingend war, weiß der Aachener. „Politik und Wissenschaft, das ist eine sensible Frage. Wenn das jetzt in einen parteipolitischen Streit gerät, ist es richtig, einen klaren Strich zu ziehen.“