Krippen: Erzieherinnen dringend gesucht

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fordert, dass mit einer Werbekampagne für den Beruf geworben wird.

Düsseldorf/Dortmund/Berlin. Auf dem Papier ist der Ausbau der Krippen beschlossen: In den kommenden sechs Jahren sollen bundesweit 500 000 zusätzliche Krippenplätze entstehen. Sie sollen es möglich machen, dass jedes dritte Kind unter drei Jahren tagsüber außerhalb der Familie betreut werden kann. Aber - von wem eigentlich?

Um 500 000 zusätzliche Kleinkinder zu betreuen, müssten bundesweit 50 000 bis 100 000 neue Erzieher eingestellt werden, je nachdem um wie viele Kinder sich die Einzelperson kümmert. Auch in Nordrhein-Westfalen kündigte Familienminister Armin Laschet an, dass etwa 8500 zusätzliche Erzieherinnen gebraucht werden. Im Gespräch mit unserer Zeitung sagte er: "Es wird ein riesiger Markt an neuen Arbeitsplätzen entstehen."

Bundesweit sind jedoch zur Zeit weniger als 18 000 Erzieherinnen arbeitslos gemeldet - darunter beinahe ein Drittel im Osten, wo ein weiterer Ausbau der Betreuungsplätze kaum zu erwarten ist. Die rund 8000 Kindergärtnerinnen, die jedes Jahr die Fachhochschulen verlassen, werden also den Bedarf kaum decken können.

Dazu kommt, dass der Altersdurchschnitt des Personals in den westlichen Bundesländern bei 50 Jahren liegt. "Eine Pensionierungswelle steht unmittelbar bevor", sagt Norbert Hocke, der bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft für Jugendhilfe und Sozialarbeit zuständig ist. So auch in Nordrhein-Westfalen. Dort werden im Jahr laut Matthias Schilling, Leiter der Dortmunder Arbeitsstelle für Kinder- und Jugendhilfe, rund 1000 Erzieherinnen ausgebildet.

Familienminister Laschet schließt nicht aus, dass es in NRW zu einem Personalengpass in den Krippen kommen könnte: "Im Moment gibt es noch keinen Mangel an Erzieherinnen. Aber in ein paar Jahren könnte es ein Problem werden, gut ausgebildete Fachkräfte zu finden".

Ein Weg aus der Misere könnte nach Ansicht der GEW eine bundesweite Werbekampagne für den Erzieherberuf sein, ähnlich wie es sie für Lehrer schon gibt. "Es muss deutlich gemacht werden, dass es sich um einen anspruchsvollen Beruf handelt, der gerade bei den unter Dreijährigen auch Bildungselemente hat", sagt Norbert Hocke. Die Anforderungen seien gestiegen, aber das spiegele sich noch nicht im Berufsbild wieder.

Die Bundesagentur für Arbeit skizziert die Tätigkeit von Erzieherinnen: "Sie malen, spielen basteln und singen mit den Kindern, erzählen ihnen Geschichten und machen Ausflüge." Laut dem Frühpädagogikprofessor Wassilios Fthenakis, der Mitglied des Beirats des Instituts für Bevölkerungsforschung und Sozialpolitik an der Universität Bielefeld ist, zieht diese Beschreibung vor allem "unterqualifizierte und unzufriedene Berufsanfängerinnen" an. An den Fachhochschulen verzeichne man ein sinkendes Niveau der Bewerberinnen. Während der Notendurschnitt früher bei Eins bis Zwei lag, ist er auf Drei bis Vier gesunken.

Ausbildungsorte Erzieher werden an Fachhochschulen, Fachakademien für Sozialpädagogik oder Berufskollegs ausgebildet.

Schulabschluss Voraussetzung sind in der Regel ein Realschulabschluss und ein Praktikum.

Dauer Die Ausbildung dauert zwischen drei und fünf Jahren.

Bachelor An der Alice-Salomon-Fachhochschule in Berlin gibt es den bundesweit ersten Bachelor-Studiengang für Kleinkindpädagogen.