Dachverband in der Kritik Landesregierung erhöht den Druck auf die Ditib

Der Dachverband soll sich von Ankara lossagen. Bestätigen sich die Spitzelvorwürfe, werden „klare Konsequenzen“ angekündigt.

Symbolbild

Foto: Eppinger

Düsseldorf. Nach der Spionage-Affäre um die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) erhöht die NRW-Landesregierung den Druck auf den Kölner Dachverband für knapp tausend Moscheevereine in Deutschland. „Wenn sich die Spitzelvorwürfe bestätigen, werden wir als Landesregierung in allen Bereichen klare Konsequenzen ziehen“, kündigte Integrationsminister Rainer Schmeltzer (SPD) an. Zunächst werde man aber die Prüfung des Generalbundesanwalts abwarten.

Der Grünen-Politiker Volker Beck hatte bereits im Dezember Anzeige in Karlsruhe gestellt; seither ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen unbekannt. Dem Verfassungsschutz NRW liegen drei Listen mit insgesamt 28 Namen und elf Institutionen vor, die angeblich der Gülen-Bewegung anhängen und von bisher unbekannten Ditib-Imamen über die Religionsattachés der türkischen Generalkonsulate in Köln, Düsseldorf und München an die türkische Religionsbehörde Diyanet in Ankara gemeldet wurden. Auch fünf Lehrer aus NRW stehen auf den Listen.

Schmeltzer äußerte die Erwartung der Landesregierung, dass sich die Ditib „als unabhängiger Verein erklären und damit von der staatlichen türkischen Religionsbehörde Diyanet lösen“ müsse. Das gelte auch für die Finanzierung der Imame. Dazu erwarte er innerhalb der nächsten Wochen ein Gesprächsangebot der Ditib. Der NRW-Landesvorsitzende der Ditib, Ersin Özcan, erklärte gegenüber unserer Zeitung: „Wir sind bereit, mit Herrn Schmeltzer Kontakt aufzunehmen.“ Den Vorwurf der Abhängigkeit wies er zurück: „Es gibt keine Einflussnahme aus Ankara.“ Allein die Imame würden von der Türkei bezahlt. „Die Moscheegemeinden finanzieren sich aus den Beiträgen ihrer Mitglieder ohne Finanzspritzen von außen.“

Unabhängig von der aktuellen Spionage-Affäre ruhen nach Schmeltzers Angaben seit Sommer vergangenen Jahres alle Gespräche mit der Ditib über die Anerkennung als Religionsgemeinschaft. Im August hatte die Landesregierung den Gutachter, der mit der religionswissenschaftlichen Prüfung des Status der islamischen Verbände als Religionsgemeinschaft befasst ist, um eine Ergänzung des Gutachtens gebeten. Sie soll die Entwicklungen der Türkei seit dem Putschversuch berücksichtigen. Das Gutachten wird nach Aussage der Staatskanzlei bis Ende dieses Jahres vorliegen. Ähnlich wie NRW verfahren derzeit auch Rheinland-Pfalz und Niedersachsen.

Volker Beck, religionspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, sieht in NRW schon jetzt Handlungsbedarf: „Wegen der Spionage-Affäre muss die Beteiligung der Ditib bei Personalentscheidungen im Beirat des theologischen Lehrstuhls und für den islamischen Religionsunterricht ausgesetzt werden. Dafür gibt es nicht die notwendige Vertrauensbasis, wenn sie Lehrer bespitzelt hat. Vollständig muss man ihnen aber im Beirat nicht den Stuhl vor die Tür setzen“, sagte er unserer Zeitung.