Machtkampf: Intrigantenstadl NRW-CDU
Die strittigen Äußerungen Mißfelders wurden erst mit Verzögerung veröffentlicht. CDU-Politiker vermuten dahinter eine Attacke des Rivalen Wittke.
Düsseldorf. Manchmal brauchen politische Vorgänge eine ganze Zeit, bis sie reif sind für die Öffentlichkeit: Am Sonntag hatte der Chef der Jungen Union, der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Mißfelder, auf einer Parteiveranstaltung in Haltern Arbeitslose attackiert.
Aber erst am Freitag, rechtzeitig für eine kräftige Diskussion zum Wochenende, wurde sein Ausfall öffentlich - durch einen Artikel der "Ruhr Nachrichten".
Seither steht Mißfelder massiv in der Kritik - an den Marterpfahl der öffentlichen Meinung ist er aber nach Überzeugung von Düsseldorfer CDU-Politikern durch eine Intrige geraten.
Der 29-jährige Mißfelder ist seit dem vergangenen Jahr Präsidiumsmitglied der Bundes-CDU und gilt seither als kommender Mann der Partei. In das engste Machtgremium geschafft hat er es durch die Hilfe von NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, dem er dafür vor laufenden Kameras dankte.
Mißfelder wird nun auch auf Landesebene aufgebaut - als möglicher Nachfolger von Oliver Wittke als Chef des CDU-Bezirks Ruhr und als stellvertretender CDU-Landesvorsitzender. Wittke musste nach einem zunächst verschwiegenen Führerscheinentzug als Verkehrsminister zurücktreten und ist seither in der Partei massiv unter Beschuss.
"Nun hat sich Wittke gerächt", sagte am Freitag ein CDU-Landtagsabgeordneter. Der Ex-Minister habe dafür gesorgt, dass Mißfelders Äußerungen öffentlich wurden, da ist sich der erfahrene Landespolitiker ganz sicher. Tatsächlich rumort es kräftig in der NRW-CDU, vor allen Dingen im Ruhrgebiet. Jeden Tag werden der unendlichen Geschichte "Gegner, Feind, Parteifreund" neue Kapitel hinzugefügt.
Einer hat das Ungemach allerdings bereits am Sonntag kommen sehen. Bruno Kleine Stegemann, Chef der CDU in Haltern, sagte am Freitag "Spiegel online", wie er den Augenblick erlebte, als Mißfelder den strittigen Satz ("Die Erhöhung von Hartz IV war ein Anschub für die Tabak- und Spirituosenindustrie") sprach: "Ich hab nur gedacht: um Gottes Willen." Doch eine Diskussion habe es unter den 40 Gästen beim Frühschoppen im "Hotel Himmelmann" nicht gegeben.
Die tobte am Freitag dann umso kräftiger. Mißfelder wurde vor allem von den Sozialverbänden massiv attackiert. Von Arbeiterwohlfahrt bis hin zur Jungen Union in Bayern hagelte es Schelte bis hin zu Rücktrittsforderungen. Hart dürfte Mißfelder vor allem die Kritik von Karl-Josef Laumann (CDU), NRW-Arbeitsminister und Chef der CDU-Arbeitnehmervereinigung CDA, treffen. Schließlich gilt Laumann als Schwergewicht innerhalb der Union und verlässliche Stütze von Jürgen Rüttgers.
Allerdings hat auch Laumann schon einmal Arbeitslose attackiert. Im Jahr 2006 wetterte er in einem Interview mit unserer Zeitung gegen "junge Säufer". Damals ging es um einen längeren Bezug des Arbeitslosengeldes I. "Das Prinzip, dass jemand, der lange Zeit Beiträge gezahlt hat, auch längere Zeit das Arbeitslosengeld I bezieht als ein junger Säufer, der nichts geleistet hat, ist richtig und sozial." Dagegen gab es damals eine Welle der Empörung.
Das hilft Mißfelder aber derzeit nicht. Er muss lernen, dass er unter besonderer Beobachtung steht - der eigenen Parteifreunde.