Köln #NichtMitUns - Muslime wollen Zeichen gegen Terror setzen

Tausende Muslime wollen am Samstag in Köln gegen Gewalt im Namen des Islam protestieren. Initiatorin Lamya Kaddor spricht über die Hintergründe.

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Köln. Sie haben die Nase gestrichen voll. Davon, als Sündenbock herhalten zu müssen, weil es Menschen gibt, die ihre Religion als Rechtfertigung für Terror und Gewalt missbrauchen, und davon, in der Bahn von manchen Zeitgenossen skeptisch beäugt zu werden, weil diese die Unterscheidung zwischen der Weltreligion Islam und dem politisch motivierten Islamismus intellektuell überfordert. Um all dies geht es an diesem Wochenende in Köln, wo Muslime unter dem Motto „Nicht mit uns!“ islamistischer Gewalt eine klare Absage erteilen wollen. Bis zu 10 000 Teilnehmer werden bei der Demo an diesem Samstag, 17. Juni, erwartet.

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„Die Anschläge von Menschen, die sich zur Rechtfertigung ungefragt auf den Islam berufen, häufen sich“, beklagen die Initiatoren. Federführend geht der Protest von dem deutschen Muslim Tarek Mohamad und der Islamwissenschaftlerin und Autorin Lamya Kaddor aus. Kaddor, die auch Vorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes ist, will im Gespräch mit unserer Zeitung gleich ein verbreitetes Missverständnis aus der Welt schaffen, was ihre Motivation für die Demo betrifft: „Wir distanzieren uns nicht vom Terror, weil wir vorher keine Nähe zu ihm hatten. Es geht uns vielmehr um eine klare Positionierung gegen den Extremismus“, insistiert sie. „Das ist ein wichtiger Unterschied.“ Denn: „Wir haben auch Angst um unsere Kinder.“

Lamya Kaddor ist bekannt dafür, die Dinge beim Namen zu nennen und wohl auch deshalb gern gesehener Gast in deutschen Talkshows. Mit ihrem Ärger über ungerechte Pauschalisierungen von Nicht-Muslimen hält sie nicht hinterm Berg. Doch sieht sie auch ihre Glaubensgenossen in der Verantwortung, sich von extremistischen Strömungen klar abzugrenzen — sie findet: „Die in Deutschland lebenden Muslime waren lange zu leise. Dabei sind sie diejenigen, die in der Debatte zwischen den Fronten zerrieben werden.“

Ebenso wie sie sich von ihnen wünsche, radikale Islamisten kompromisslos aus ihrer Gemeinschaft auszuschließen, erwarte sie von der politischen Mitte, geistigen Brandstiftern von Rechts die rote Karte zu zeigen. Dieses gemeinsame Interesse, so hofft sie, müsse die Gesellschaft einen. „Für alle Seiten ist es Zeit, Verständnis füreinander aufzubringen und Empathie zu zeigen — genau diese scheint mir in dieser postfaktischen Zeit verloren gegangen zu sein.“

Bei der Polizei Köln ist man derweil optimistisch, dass die Demo am Samstag ohne größere Zwischenfälle über die Bühne gehen wird. „Da es keine Gegendemonstration geben wird, gehen wir von einem störungsfreien Verlauf aus“, sagt Sprecher Christoph Schulte. Die Polizei beobachte laufend die sozialen Netzwerke. Postings, die zu Hass oder Gewalt im Zusammenhang mit der Demo aufstacheln, habe man dort bislang aber noch nicht entdeckt.