NRW-Innenminister Ralf Jäger „No-Go-Areas gibt es in NRW nicht, Angsträume schon“
NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) besteht im Plenum des Landtages auf seinem Standpunkt. Die Opposition giftet dagegen.
Düsseldorf. Vielleicht wäre es ein Schritt in die richtige Richtung, wenn sich die Mitglieder des Düsseldorfer Landtags endlich auf eine Definition des Begriffs „No-go-Area“ einigen würden. Für NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) gilt die US-amerikanische Version: „Orte in Städten, die von der Polizei nicht aufgesucht werden.“ Die gibt es laut Jäger weder in Nordrhein-Westfalen noch in irgendeinem deutschen Bundesland. „Unsere Polizei geht da hin, wo sie gebraucht wird“, versicherte der NRW-Innenminister.
Das sieht Gregor Golland, Innenexperte der CDU, freilich ganz anders. „Die Menschen in NRW können sich nicht in jeder Ecke unseres Landes ohne Angst bewegen. NRW-Innenminister Jäger will nicht wahrhaben, dass es No-go-Areas oder rechtsfreie Räume gibt, in denen kriminelle Familienclans das staatliche Gewaltmonopol unter sich aufteilen“, wetterte Golland. Es gebe Stadtviertel in Duisburg, Essen und Dortmund, in denen die Polizei nur mit verstärkten Kräften anrückt.
Golland sprach auch von Angsträumen, in die sich Ältere, Frauen und Einzelpersonen nicht mehr hineinwagten. Erberichtete von seinem Besuch im Dortmunder Norden, wo er „Vermüllung, Verwahrlosung und zwielichtige Gestalten“ gesehen habe.
Jäger gratulierte Golland süffisant: „Gut, dass sie sich in die Dortmunder Nordstadt gewagt haben.“ Der NRW-Innenminister räumte Angsträume ein. Die entstünden aber durch die reine Optik. Zum Beispiel reichten schon heruntergekommene Häuser und dunkle Ecken, um dieses Gefühl zu erzeugen. Jäger verwies in diesem Zusammenhang auf eine Initiative der rot-grünen Landesregierung, die verstärkt gegen Problemhäuser vorgeht. Jäger sprach von „einem subjektiven Gefühl der Menschen, statt einer realen Gefahr“. Es handele sich bei diesen Bereichen nicht gleichzeitig um Kriminalitätsschwerpunkte. „Die Straßenkriminalität ist rückläufig“, betonte Jäger.
Marc Lürbke, FDP-Sprecher für Innenpolitik, sprach ebenfalls von Familienclans, die Problemstadtteile als ihr Revier ansehen. Lürbke kritisierte, dass Jäger dieses Thema „verschweigt und klein- und schönredet“. Der FDP-Politiker forderte ein schnelles Eingreifen seitens der Landesregierung. In Gelsenkirchen sei bereits von einer Parallelgesellschaft die Rede. Dort sei überhaupt kein Respekt gegenüber der Polizei erkennbar. Im Gegenteil, die Beamten würden beleidigt, bespuckt und sogar attackiert. Lürbke forderte, dass Tumultdelikte gesondert aufgezeichnet werden und entsprechend besser bekämpft werden können. Mit Tumultdelikten meint er jene Situationen, in denen sich in Windeseile bei Polizeieinsätzen 50 oder 60 Personen zusammenrotten und die Beamten bedrängen oder einzuschüchtern versuchen. Lürbke geht auch der Druck auf die kriminellen Familienclans nicht weit genug. 90 Prozent der Jugendlichen in diesen Problemvierteln haben keinen Schulabschluss, sagte der FDP-Politiker, dafür aber häufig ein langes Vorstrafenregister von schwerem Raub bis hin zum Totschlag. Gegen diese Personen müsse der Rechtsstaat entschlossen vorgehen.
Unterstützung gab es für Jäger vom Koalitionspartner. Monika Düker (Grüne): „Es gibt Problemviertel in NRW, das weiß hier jeder.“ Dort müsse eine Null-Toleranz-Strategie gefahren werden. Insgesamt sei die Sicherheit bei Rot-Grün aber in guten Händen.