Nokia-Werk Bochum: Erinnerungen an BenQ
Schliessung: Einige Nokia-Mitarbeiter stehen erneut ohne Job da. Sie wurden zuvor von den Taiwanesen entlassen.
Bochum. Die Hiobsbotschaft ereilte sie in zwei Jahren gleich zwei Mal: Früheren Mitarbeitern von BenQ Mobile in Kamp-Lintfort, die nach der Pleite ihrer Ex-Firma bei Nokia in Bochum einen neuen Job gefunden hatten, droht erneut die Arbeitslosigkeit. "Für BenQ habe ich die linke Wange hingehalten, für Nokia jetzt die Rechte", sagt Gregor Drewes gestern vor dem Nokia-Werkstor. Zehn Mitarbeiter waren laut Betriebsratschefin Gisela Achenbach nach der Insolvenz der früheren Siemens-Handyproduktion im September 2006 zum finnischen Handyhersteller gekommen.
"Bei BenQ wussten wir wenigstens Bescheid, dass die Firma am Ende ist", sagt Frank Derkum. "Die haben ja rote Zahlen geschrieben." Der 35-jährige Prozessbetreuer konnte im Oktober 2006 bei Nokia anfangen. Er pendelt zwischen Familie in Kamp-Lintfort und dem 55 Kilometer entfernten Bochum.
Das Aus für Nokia kam für ihn völlig überraschend. Nun bleibe den ehemaligen BenQlern und bald Ex-Nokianern nur Galgenhumor. "Das war ein echtes Déjà-Vu-Erlebnis", meint Derkum. Er müsse vor dem Planen seiner Zukunft erst über die Sache schlafen. "Auch wenn ich zur Zeit keinen Schlaf finde."
"Ich weiß nicht, was ich tun soll. Mir fehlt alle Kraft", sagt Derkum. Er sitzt bei der Mittagspause in der Bochumer Produktion und gibt das Interview am Telefon. Zu Hause warten nach Feierabend seine Frau und drei Kinder. Zweihundert Meter neben dem Haupteingang steht jemand anderes: Ein Mitarbeiter des Personalvermittlers Unique. Er will seinen Namen nicht nennen, beteuert aber, den Nokia-Mitarbeitern helfen zu wollen. "Wir sind keine Aasgeier." Daher spricht der Mann nach eigenen Angaben keinen Noch-Angestellten an. Er wartet vor einem mit großen Lettern beschrifteten Firmenwagen.
Grosskassierer Der finnische Handy-Hersteller Nokia hat vom Land 60 Millionen Euro an Subventionen kassiert und ist damit Hauptprofiteur der Förderpolitik der Landesregierung. Die Beschlüssen dazu wurden vor vielen Jahren noch unter Rot-Grün getroffen.
Breit Gestreut In den vergangenen zehn Jahren gab es rund 120 ähnlich gelagerte Förderfälle. Dabei flossen insgesamt 443 Millionen Euro. Dabei gab es neben Nokia zwei weitere Empfänger von großen Summen: Der Verkaufssender QVC bekam rund 17 Millionen Euro, expandierte seither kräftig und stellte Leute ein. Auch das Geschäft des Gelsenkirchener Chemieunternehmens entwickelt sich recht gut. Das Unternehmen erhielt rund 30 Millionen Euro aus der Landeskasse.
Verträge Beim Auszahlen der Zuschüsse werden Verträge mit den Empfängern geschlossen. Mit Nokia bestand der Deal, das Werk Bochum bis Ende 2006 zu erhalten. Diese Frist ist allerdings abgelaufen. Das macht es nach Ansicht von Rechtsexperten äußerst schwierig, die gezahlten Gelder von den Finnen zurückzubekommen.