Atomkraftwerk NRW bestellt Jodtabletten zum Schutz bei einem Atomunfall
Die Angst vor den belgischen Atommeilern ist groß. Nun will NRW Jodtabletten für alle Schwangeren und Minderjährigen im Land kaufen. Dabei ist das eigentlich gar nicht Sache des Landes.
Düsseldorf. Um die Bevölkerung bei einem Atomunfall besser schützen zu können, will Nordrhein-Westfalen Jodtabletten für alle Schwangeren und Minderjährigen im Land kaufen. Kaliumjodid wird bei nuklearen Zwischenfällen eingesetzt, weil es die Aufnahme radioaktiven Jods im Körper stark abschwächt.
Eigentlich sei der Bund für die Anschaffung der Tabletten zur sogenannten Jod-Blockade zuständig. Weil es dort bislang aber keinen Zeitplan für die Anschaffung gebe, habe NRW als bislang einziges Bundesland entschieden, das Medikament auf eigene Kosten zu beschaffen, sagte eine Sprecherin des NRW-Innenministeriums am Dienstag. Die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ hatte zuvor über die Pläne berichtet.
Die Strahlenschutzkommission des Bundes hatte nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima empfohlen, NRW und ganz Deutschland als sogenannte Fernzone auszuweisen. In diesem Gebiet sollen alle Schwangeren und Minderjährigen einen schnellen Zugang zu sechs Kaliumjodid-Tabletten bekommen. Bislang gibt es Jodtabletten in NRW lediglich in einem 100-Kilometer-Radius rund um Atomkraftwerke - dort allerdings nur für alle Menschen unter 45 Jahren.
Die europaweite Ausschreibung von Kaliumjodid-Tabletten laufe, sagte die Ministeriumssprecherin. Bis in ganz NRW genügend Tabletten für alle Schwangeren und Minderjährigen zur Verfügung stünden, werde es noch Monate dauern.
In NRW ist die Sorge um die Sicherheit belgischer Atomkraftwerke groß: Die Reaktoren Doel in der Nähe von Antwerpen und Tihange bei Lüttich, das etwa 70 Kilometer von Aachen entfernt liegt, sind nach mehreren Pannen heftig umstritten und waren aus Sicherheitsgründen mehrfach abgeschaltet worden.
Im Südwesten des Landes, der innerhalb des 100-Kilometer-Radius des AKW Tihange liegt, haben sich einige Kommunen zusammengetan. Sie wollen die Tabletten direkt an die Bevölkerung verteilen. Das Innenministerium sei damit grundsätzlich einverstanden, solange die sichere und schnelle Verteilung dadurch nicht gefährdet sei. Bis nach den Sommerferien wollen die Kommunen ein entsprechendes Verteilungskonzept erarbeitet haben, sagt Markus Kremer, Beigeordneter der Stadt Aachen und Mitglied der Steuerungsgruppe. dpa