Düsseldorfer Oberlandesgericht Update: Reker-Attentäter sucht neuen "rechten" Verteidiger

Als Kind wurde er von den Eltern einfach sitzengelassen, mit 17 dann rechtsradikal. Details aus dem Prozess gegen den Mann, der die heutige Kölner Oberbürgermeisterin niedergestochen hat. Nun rebelliert er gegen seine Verteidiger.

Der Angeklagte Frank S. zeigt ein Papier, mit dem er nach einem neuen Anwalt sucht. Der Prozess um das Attentat auf Henriette Reker wurde vor Gericht fortgesetzt. Fünf Zeugen sollen vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht aussagen.

Foto: Uwe Schaffmeister

Düsseldorf (dpa). Im Prozess um das Attentat auf die heutige Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat der Angeklagte angekündigt, seinen Verteidigern das Vertrauen zu entziehen. Sie hätten mit der Presse gesprochen und Ermittlungsakten weitergegeben, obwohl er dies untersagt habe, sagte Frank S. (44).

Anwalt Christof Miseré wies die Vorwürfe am Freitag im Prozess vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht zurück. Es seien Informationen aus den Akten an die Medien weitergegeben worden, bevor er das Mandat übernommen habe. Die Vorsitzende Richterin Barbara Havliza sagte, sie sehe keinen Grund, die Verteidiger auszutauschen.

Als weiteres Opfer des Attentats hatte zuvor der Wahlkampfleiter von Henriette Reker ausgesagt. Reker habe hinter ihm gestanden, als er am 17. Oktober 2015 einen Schrei gehört habe, berichtete der 32-Jährige. Er habe sich umgedreht, da sei auch schon „ein Riesendolch“ auf ihn zugerast. Drei bis vier Mal sei auf ihn eingestochen worden.

Messerstecher Frank S. habe ihn dabei mit einem sehr beunruhigenden, dominanten Blick angestarrt. In seiner Miene sei etwas Wahnsinniges gewesen, sagte der Zeuge.

Die inzwischen 80-jährige Pflegemutter des Angeklagten berichtete als Zeugin, dass Frank S. mit seinen zwei Geschwistern in einer Düsseldorfer Wohnung von seinen leiblichen Eltern einfach zurückgelassen worden sei. Er habe als etwa Fünfjähriger seine jüngeren Geschwister tagelang gefüttert und schließlich Alarm geschlagen, als das Essen ausgegangen war. „Das war schrecklich, das kann eigentlich nur ein Trauma auslösen. Seine Kindheit war fürchterlich“, sagte die 80-Jährige.

Das Jugendamt habe sie eingeschaltet, weil Frank S. im Kinderheim Probleme bereitet habe. Als sie ihn abgeholt habe, habe er sich gebärdet „wie ein kleines Tier“ und versucht, während der Fahrt die Autotüren aufzureißen. „Im Grunde war er ein ganz armer Junge.“

Als er etwa 17 Jahre alt war, habe er in seinem Zimmer ein Hakenkreuz an die Wand gemalt und Springerstiefel tragen wollen. Nachdem er ausgezogen war, sei der Kontakt zu ihm völlig abgerissen.

Der 44-jährige Angeklagte hat das Attentat auf Reker bereits gestanden. Er hatte der parteilosen Politikerin einen Tag vor ihrer Wahl zur Kölner Oberbürgermeisterin ein Messer in den Hals gerammt und sie lebensgefährlich verletzt. Damit habe er ein Zeichen gegen Rekers Flüchtlingspolitik setzen wollen. Reker war vor ihrer Wahl als Sozialdezernentin für die Unterbringung der Flüchtlinge zuständig.

Ihrem Attentäter droht nun lebenslange Haft wegen versuchten Mordes. Der Angeklagte gehörte früher der rechtsextremen Szene an und hat wegen früherer Straftaten bereits drei Jahre im Gefängnis gesessen.