Energiewende NRW für Solarzellen am Rand von Autobahnen

Düsseldorf · Das fünfte Entfesselungspaket soll den Ausbau der Erneuerbaren Energien in NRW fördern. Bei der Windkraft bleiben offene Fragen.

Entlang von Autobahnen und überregionalen Schienen sieht die Landesregierung ein Potenzial von bisher ungenutzten 12 300 Hektar, um dort Photovoltaikanlagen zu installieren.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Zum Ausbau der Erneuerbaren Energien in NRW sollen künftig auch die Randstreifen von Autobahnen und überregionalen Schienenverbindungen der Photovoltaik zur Verfügung stehen. Das ist eine der Maßnahmen des fünften Entfesselungspakets, auf das sich die Landesregierung am Dienstag verständigt hat. „Insgesamt werden 17 Maßnahmen zur Beschleunigung und Vereinfachung von Verfahren auf den Weg gebracht“, sagte Wirtschafts- und Energieminister Andreas Pinkwart (FDP).

Acht davon betreffen die Photovoltaik. Das Land sieht hier ein Potenzial von bisher ungenutzten 12 300 Hektar. Nach Einschätzung der Energieagentur NRW sind Pachteinnahmen zwischen 2500 und 4000 Euro pro Hektar möglich; betreiben die Landwirte die Anlagen selbst, seien Erträge von 7000 bis 15 000 je Hektar möglich. Pinkwart sprach von einer „Win-win-Situation für die Betreiber und den Ausbau der Erneuerbaren Energien.

Verkehrsminister räumt Sicherheitsbedenken aus

Er bedankte sich ausdrücklich bei Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU), der behördliche Sicherheitsbedenken wegen der Gefahr bei Unfällen und durch Blendungen ausgeräumt habe. „Unter aufgeständerten Anlagen kann auch weiter Weidewirtschaft betrieben werden“, so der Minister.

Weitere Aspekte der Photovoltaik-Förderung betreffen den Ausbau in Gewerbe- und Industriegebieten, an denkmalgeschützten Gebäuden und auch auf den Rest-Seen der Tagebaue im Rheinischen Revier. Dort könnten schwimmende Anlagen zum Tragen kommen, die bereits an der Sohle ansetzen und mit dem steigenden Wasserspiegel auch selbst aufsteigen.

Insgesamt, so Pinkwart, soll die installierte Leistung von Photovoltaik bis 2030 auf 11,3 Gigawatt verdoppelt werden. Das gleiche Ziel gilt auch für die Windkraft (auf 10,5 Gigawatt). Hier setzt die Landesregierung beim Ausbau zu zwei Dritteln auf Repowering, also das Ersetzen alter Windräder durch neue, leistungsfähigere Anlagen. Auch soll durch eine Gesetzesänderung das wirtschaftliche Risiko beklagter Bauvorhaben minimiert werden. Derzeit laufen allein in NRW Verfahren gegen 58 geplante Windkraftanlagen.

Alte Windräder sollen durch neue, leistungsfähigere Anlagen ersetzt werden.

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Bei der umstrittenen Abstandsregelung gibt es dagegen noch keine Klarheit. NRW hat im Landesentwicklungsplan einen Abstand von 1500 Metern zur Wohnbebauung festgeschrieben und Repowering ausgenommen. Auf Bundesebene sind zwar nur 1000 Meter vorgeschlagen, dafür aber auch bei nur geringer Wohnbebauung und selbst im Falle von Repowering. Pinkwart sieht daher die NRW-Regelung als weniger restriktiv an.  Der Streitpunkt wurde aber aus dem Klimapaket herausgenommen und soll jetzt erst im ersten Quartal 2020 entschieden werden.

In einem anderen Fall will NRW aber bestehende Abstandsregelungen über eine Bundesratsinitiative verringern: bei den Drehfunkfeuern, also speziellen Funkstellen für die Luftfahrtnavigation. Hier sollen künftig nur noch zehn statt bisher 15 Kilometer Abstand genügen.

Der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) NRW begrüßte die vom Kabinett beschlossenen Maßnahmen zur Photovoltaik und zur Geothermie. Auch die Initiative zu den bisher blockierten Flächen durch Drehfunkfeuer wird unterstützt. „Allerdings wird dies durch die eigenen Einschränkungen der pauschalen 1500-Meter-Abstände konterkariert“, kritisierte der LEE-Vorsitzende Reiner Priggen. „Ohne Flächen für Windräder werden andere Verbesserungen über kurz oder lang ins Leere führen.“

Die Grünen-Fraktion im Landtag sprach von „kleinen Trippelschritten“. Die Nutzung von Randstreifen an Autobahnen und Schienen sei schon Teil der Solarpotenzialstudie 2012 gewesen. „Die Rahmenbedingungen haben sich seitdem nicht verändert“, sagte die energiepolitische Sprecherin Wibke Brems. „Auch bei Maßnahmen zur wirklichen Erhöhung der Akzeptanz von Windenergieprojekten verweigert sich die Landesregierung komplett.“