NRW-Kommunalwahlen: Grüne und FDP gehen in die Offensive

Düsseldorf. Als größte Sensationen der NRW-Kommunalwahl könnte man vielleicht Rüdiger Storch aus Eitorf und Lothar Mittag bezeichnen. Storch wurde mit 73,3 Prozent zum Bürgermeister gewählt und ist FDP-Mann.

Mittag bekam 65 Prozent in Rhede und ist Grüner.

Beide behaupteten sich im CDU-Herzland. Und doch sind beide nur so etwas wie weiße Krähen. Aber sie stehen für das neue Selbstbewusstsein der beiden kleinen Parteien Grüne und FDP.

Denn die politische Landkarte zeigt: Die Chefposten in den großen Städten und in den Landkreisen sind weiter fest in der Hand der beiden großen Parteien CDU und SPD. Die CDU liegt weiter vorne - trotz ihrer recht großen Verluste.

Sie hat aber immer noch zehn von 13 Oberbürgermeisterposten und 25 von 31 Landratsposten. Doch die Stimmung bei der Mannschaft von Ministerpräsident und Landesparteichef Jürgen Rüttgers könnte besser sein.

Der Verlust von Köln schmerzt ebenso tief wie der von Essen. In Bielefeld tat der Abschied von der Macht im Rathaus weh, in Mönchengladbach gab es die zweite Niederlage in Folge, und nur denkbar knapp entging die CDU in Krefeld und Münster weiteren Debakeln.

Dazu ein Minus von fast fünf Prozent - es ist keinesfalls der Traumstart in den Bundestagswahlkampf und erst recht keine gute Vorlage für die Landtagswahl im kommenden Mai.

Rüttgers drückt mögliche Bedenken weg. Die Wahl sei "unter dem Strich" gut gelaufen, gerade fürs Ruhrgebiet habe er sich natürlich bessere Resultate ausgerechnet. "Doch ich habe immer gesagt: Das ist keine Testwahl für Bund oder Land", sagte Rüttgers. Er bemängelte, an einigen Stellen sei der Wahlkampf "nicht politisch genug" - eine Kritik an Kanzlerin Angela Merkel sei das aber keineswegs.

Gut gelaunt gab sich auch SPD-Landeschefin Hannelore Kraft - trotz des schlechtesten Ergebnisses für die SPD bei NRW-Kommunalwahlen. "Wir haben große Städte geholt, und vor allem haben wir gegenüber der Europawahl 700000 Stimmen zusätzlich geholt. Daran wollen wir nun anknüpfen."

Einen Allzeitrekord vermelden die Grünen, die noch nie so gut bei Rathauswahlen abgeschnitten haben. In vielen Orten sitzen sie nun mit am Tisch der Macht, weil sie im Stadtrat oder Kreistag so stark sind. Dabei richten sich die Blicke vor allem auf Köln, wo sie dem SPD-Mann Jürgen Roters ins Amt verholfen haben und nun im Rat mit der SPD regieren wollen - und dafür zunächst einmal das Amt des Stadtkämmerers für sich reklamieren.

"CDU und FDP haben verloren, Köln ist ein gutes Signal. Aber wir reden noch nicht über Rot-Grün im Land", sagte Grünen-Landesparteichef Arndt Klocke. Die Botschaft: "Der Ausgang der Landtagswahl ist offen."

Die FDP galt lange als Dame ohne Unterleib, weil sie an der Basis und in den Kommunen so schwach verankert war. Nun kratzt sie erstmals seit 1961 wieder an den Zehn-Prozent-Marke und hat Großes vor. "Die Perspektive auf einen Regierungswechsel im Bund hat sich verbessert", sagte FDP-Landesparteichef Andreas Pinkwart, der auch Vize-Ministerpräsident in NRW ist. Seine Rechnung: Die SPD verliert, was die Grünen gewinnen, das bürgerliche Lager ist immer noch unangefochten vorn.

Angesichts vager Rüttger’schen Avancen an die Grünen riet Pinkwart zur Gelassenheit, hat aber einen guten Rat für die CDU: "Wir sollten keinen Wahlkampf mit Schreckgespenstern führen." Eine klare Absage an eine Rote-Socken-Kampagne der CDU als Abschreckung für die Linken.