NRW-Studie belegt Langzeit-Rückstände von Antibiotika in Geflügelmast

Geflügelmast ohne Antibiotika - das geht, sagt der Umweltminister. Und kritisiert den allgegenwärtigen Gebrauch der Medikamente im Hühnerstall. Selbst wenn der Verbraucher nicht gefährdet ist: „Da stimmt was nicht.“

Düsseldorf (dpa). Das Antibiotika-Problem in der Geflügelmast ist laut einer neuen Studie für das nordrhein-westfälische Verbraucherschutzministerium umfassender als bislang bekannt.

Mastgeflügel kommt demnach teilweise sogar ohne tierärztliche Verordnung und häufig außerhalb von Therapiezeiten in Kontakt mit Antibiotika - im Extremfall noch bis zu drei Jahre später. Das berichtete NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) am Dienstag in Düsseldorf. Erstmals wurden nach seinen Angaben die Rückstände der Medikamente im Trinkwasser der Tiere untersucht.

Rechtliche Konsequenzen für betroffene Tierhalter und Tierärzte würden nun geprüft. Eine antibiotikafreie Geflügelmast sei offenbar eher die Ausnahme geworden, kritisierte Remmel. Der Grüne forderte ebenso wie der Bund für Naturschutz Deutschland (BUND) die Bundesregierung auf, jetzt zu handeln.

Unter anderem fehle die rechtliche Grundlage für eine verpflichtende Datenbank über Antibiotika in den Ställen. Die im November nach einer großen NRW-Antibiotika-Studie versprochene freiwillige Beteiligung der Geflügelverbände sei weitestgehend ausgeblieben, kritisierte Remmel. Trotz des öffentlichen Drucks seien die Test-Ergebnisse weiter schlecht.

Remmel stellte aber gleichzeitig klar, dass die niedrigen nachgewiesenen Antibiotika-Wirkstoffe nicht im Geflügelfleisch zu finden seien. „Wenn das Fleisch gut durchgebraten oder gekocht ist, geht davon keine Gefahr aus“, betonte er. Durch den massenhaften Einsatz von Antibiotika entwickelten sich in der Tierhaltung allerdings immer mehr multiresistente (sehr widerstandsfähige) Keime.

Die Bandbreite wirksamer Medikamente schrumpfe dadurch. Das Landesumweltamt hatte in 42 Ställen in NRW Trinkwasserproben genommen. In 26 Ställen wurden auffällige Antibiotika-Rückstände ermittelt. Im schlimmsten Fall lagen zwischen dem letzten Behandlungstag und der Probe, die eine Verschleppung antibiotischer Substanzen nachwies, 1085 Tage. In der Putenmast wurden bis zu sieben verschiedene Wirkstoffe je Stall nachgewiesen - für einige existiere in dieser Form nicht einmal eine Zulassung in Deutschland, erläuterte der Präsident des Landesumweltamts, Heinrich Bottermann.

„Irgendwas stimmt an der Systematik nicht“, sagte Remmel. Entweder stimmten die Bedingungen in der Tierhaltung nicht, wenn so viele Hühner und Puten angeblich krank seien und Antibiotika bräuchten, oder die rechtlichen Vorschriften würden nicht beachtet. Die im vergangenen Jahr vorgestellte NRW-Studie hatte ergeben, dass neun von zehn Tieren während ihres kurzen Lebens in der Geflügelmast Antibiotika erhalten.

In der Geflügelmast würden Antibiotika oft direkt in das Trinkwasser der Tiere gemischt, erläuterte Bottermann. Die Reinigungs- und Desinfektionsverfahren seien nicht immer geeignet, nach der Behandlungszeit sämtliche Wirkstoffreste zu beseitigen. Dass 16 von 42 untersuchten Ställen sauber gewesen seien, beweise aber: „Es geht also.“