Ohrfeige für Finanzminister Walter-Borjans

Norbert Walter-Borjans (SPD) erlebt in Münster eine schwarze Stunde. Nun muss er den Etat nachbessern. Sonst drohen Neuwahlen.

Münster. Norbert Walter-Borjans saß ganz vorne, in der ersten Reihe des Saals 1 des Landesverfassungsgerichts in Münster. Der Platz stand dem sozialdemokratischen Landesfinanzminister qua Amt zu, schließlich war er als Beklagter erschienen. Viel lieber aber hätte er gestern wohl ganz hinten gesessen oder wäre in seinem Ministerium in Düsseldorf geblieben. Denn was er sich gestern zwischen 10.30 Uhr und 10.50 Uhr anhören durfte, war nichts weniger als ein vernichtendes Urteil über seine bisherige Haushaltspolitik.

In wohlgesetzten Worten nahm Gerichtspräsident Michael Bertrams den Nachtragshaushalt 2010 auseinander und erklärte ihn für verfassungswidrig und damit nichtig. Damit gab er der Klage von CDU und FDP in allen Punkten statt, die wegen der Rekordverschuldung mitten in einem Wirtschaftsaufschwung nach Münster gegangen waren.

Karl-Josef Laumann, Fraktionschef der CDU im Landtag, und sein Amtskollege Gerhard Papke von der FDP hatten allen Grund zum Jubeln, sprachen von einem „historischen Sieg“ und einem „guten Tag für Nordrhein-Westfalen“. „Nun ist die Landesregierung am Zug. Sie muss einen verfassungsgemäßen Haushalt für das laufende Jahr vorlegen. Tut sie das nicht, werden wir wieder klagen und Neuwahl beantragen“, sagte Laumann.

Da kommt auf Walter-Borjans viel Arbeit zu. Zunächst einmal muss er das Urteil zum Nachtragsetat umsetzen. Das bedeutet vor allem die Auflösung des Sondervermögens für die angeschlagene WestLB. Das sei zwar nicht schwierig, künftige Ausfallzahlungen würden dann aber laufende Etats „mit voller Wucht“ treffen, sagte der SPD-Mann voraus. Schwieriger ist es mit den 700 Millionen Euro, die an die Kommunen wegen entgangener Zuweisungen beim Fonds Deutsche Einheit und den Kinderförderungsmaßnahmen gehen sollen. „Da warten wir die schriftliche Urteilsbegründung ab“, so Walter-Borjans.

Die wahre Herausforderung dürfte aber der Etat 2011 sein. Da plant der Finanzminister bisher eine Neuverschuldung von 7,1 Milliarden Euro. Auch die läge damit deutlich über der Investitionsquote von 3,7 Milliarden Euro und wäre damit verfassungswidrig. Erneut begründet Walter-Borjans die hohen Kredite mit der Störung des wirtschaftlichen Gleichgewichts, da die Wirtschaftskrise noch nicht überwunden sei.

Doch ob seine Hinweise gerichtsfest sind, wird offenkundig auch in der rot-grünen Koalition bezweifelt. SPD-Fraktionschef Norbert Römer lieferte die neuen Argumente der gestiegenen Energiepreise durch die Nahost-Unruhen und die Katastrophe in Japan nach.

Die CDU erneuerte die Drohung, sie werde klagen und Neuwahlen beantragen, wenn der neue Etat nicht verfassungsgemäß ausfällt. Um das Urteil noch einmal ausführlich zu diskutieren, haben die Sieger von Münster, also CDU und FDP, für die kommende Woche eine Sondersitzung des Landtags beantragt.