Untersuchung Polizei-Elite im Zwielicht

Beamte des Kölner SEK sollen einen neuen Kollegen tagelang schikaniert und gefesselt haben.

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Köln. Sie meiden das Licht der Öffentlichkeit und zeigen sich selten unmaskiert. Die Männer der Spezialeinsatz-Kommandos (SEK) haben dafür einen guten Grund. Der Überraschungsmoment ist bei den gefährlichen Einsätzen ihre Lebensversicherung. Bekannte Gesichter sind fehl am Platz. Normalerweise sorgen die SEK so für Erfolgsmeldungen. Aber inzwischen fragt sich die besorgte Öffentlichkeit, ob in der Anonymität der schwer bewaffneten Einheiten zumindest am Rhein alles mit rechten Dingen zugeht.

Den Anfang besorgt ein Düsseldorfer SEK bei einem fragwürdigen Einsatz auf dem Kölner Großmarkt. Dabei wird das Auto eines Kölner Geschäftsmannes von mehr als 100 Kugeln durchsiebt. Der Mann sollte eigentlich nur festgenommen werden. Doch er hat Glück, dass er, von mehreren Kugeln getroffen, überlebt. Die Sache wird Anfang Mai publik und die Aachener Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen wegen versuchten Totschlags. Dem Land droht eine Schadenersatzklage in sechsstelliger Höhe.

Der Fall kann möglicherweise eines Tages als missratener, aus dem Ruder gelaufener Einsatz abgetan werden. Schwieriger wird das bei dem Erscheinen von SEK-Führungskräften auf einem Pylon der Kölner Severinsbrücke. Was der Öffentlichkeit lange als Höhenübung dargestellt wird, soll in Wahrheit ein kostspielig inszeniertes Abschiedsfoto für einen scheidenden SEK-Chef gewesen sein — samt Hubschraubereinsatz für geschätzte 50 Euro pro Minute. Einige Beamte sollen sich geweigert haben, an der Inszenierung mitzuwirken.

Der Kölner Polizeipräsident beauftragt seinen Stellvertreter mit den Untersuchungen. Das Innenministerium in Düsseldorf wird hellhörig und fordert einen Bericht an. Doch auch der Vize-Polizeichef kann keine Entwarnung geben. Die internen Ermittlungen kommen zu dem Schluss, dass die Vorwürfe „nicht ausgeräumt werden können“.

Diesmal dauert es nur ein paar Tage, bis wieder ein Kölner SEK in der Kritik steht. Ein Neuling soll tagelang schikaniert und gefesselt worden sein. Von entwürdigenden Aufnahmeritualen ist die Rede, von Mobbing, Freiheitsberaubung, Körperverletzung und Nötigung. Jetzt soll Ex-LKA-Chef Wolfgang Gatzke den Fall untersuchen. Zudem wurden Düsseldorfer Ermittler auf das Kölner SEK angesetzt.

Der Kölner Polizeipräsident Wolfgang Albers lässt kaum Zweifel, dass an der Sache etwas dran ist: Er bedankt sich ausdrücklich bei dem Beamten, der den Mut gefunden habe, die Missstände zu offenbaren. „Die Vorwürfe treffen mich zutiefst. Ich werde ein solches Verhalten niemals dulden“, sagt er. Er habe weder gewusst, noch habe er sich vorstellen können, dass es derartige Aufnahmerituale gebe.

Das betroffene SEK habe offenbar „ein falsches Verständnis von den Grundwerten unserer Gesellschaft“. Ex-LKA-Chef Gatzke kündigt an, viele Gespräche zu führen. Bis auf Weiteres soll die betroffene Spezialeinheit nicht eingesetzt werden.