Promillegrenze für Radler wackelt
Innenminister Jäger, Polizisten und ADFC fordern Senkung.
Düsseldorf. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) hat eine deutliche Senkung der Promillegrenze für Radfahrer gefordert. „Die Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit für Radfahrer muss von 1,6 auf 1,1 Promille gesenkt werden“, sagte Jäger der „Westfalenpost“. In NRW seien im vergangenen Jahr 960 betrunkene Radfahrer an Unfällen mit Toten und Verletzten beteiligt gewesen. Eine Senkung könnte aber nur bundesweit beschlossen werden.
„Manche kommen mit dem Rad zur Party, weil sie glauben, sich dann betrinken zu können“, kritisierte Jäger. „Betrunkene Radfahrer sind aber eine Gefahr für sich und andere. Damit muss Schluss sein. Von den 960 in schwere Unfälle verwickelten Radfahrern hatten 840 mehr als 1,1 Promille im Blut. Der höchste Wert lag bei fünf Promille.“
In der vergangenen Woche hatte sich bereits der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bernhard Witthaut, dafür ausgesprochen, die Grenze für die absolute Fahruntüchtigkeit auf 1,1 Promille zu senken. Auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) will schärfere Promillegrenzen. „1,6 Promille ist zu viel — definitiv“, sagte Thomas Rommelspacher, Sprecher des ADFC in Nordrhein-Westfalen.
Wer derzeit mit 1,6 Promille oder mehr Alkohol im Blut Fahrrad fährt, begeht eine Straftat. Allerdings können sich Radler auch schon mit einem deutlich geringeren Pegel eine Strafanzeige einhandeln, etwa wenn sie Schlangenlinien fahren, Verkehrsregeln missachten oder wenn ein Unfall passiert. Dann sei bereits ab 0,3 Promille eine Strafverfolgung denkbar, erklärte Roland Huhn, Rechtsreferent beim ADFC. Sobald die Polizei bei einer Kontrolle oder am Unfallort den Verdacht habe, dass ein Radler alkoholbedingt Fehler gemacht hat, drohe ein Ermittlungsverfahren.
Wird einem Radler strafrechtlich relevanter Alkoholmissbrauch nachgewiesen, hat das gravierende Folgen: Das Fehlverhalten wird laut Huhn mit sieben Punkten in der Flensburger Verkehrssünderkartei und einer Geldstrafe von zumeist einem Nettomonatsgehalt geahndet. Die Straßenverkehrsbehörde könne eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung anordnen und je nach Ergebnis den Führerschein für Kraftfahrzeuge einkassieren. „Außerdem kann ein Radfahrverbot erteilt werden — das war im vergangenen Jahr 3300 Mal der Fall“, sagte Huhn.
Kann Fahrradfahrern nach einem Rotlichtverstoß an der Ampel oder anderen Verkehrsdelikten kein alkoholbedingtes Fehlverhalten nachgewiesen werden, müssen sie sich für eine Ordnungswidrigkeit verantworten. „Auch das kann ziemlich teuer werden“, warnt Huhn. Grundsätzlich gilt: Ab 40 Euro Bußgeld gibt es mindestens einen Punkt auf dem Flensburger Konto.