Regierung befürchtet nach Datteln weitere Klagen

Düsseldorf. Die Landesregierung befürchtet nach demDatteln-Urteil weitere Klagen gegen geplante Kohlekraftwerke inNordrhein-Westfalen. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hatte denBebauungsplan der Stadt Datteln für ein milliardenteures Eon- Kraftwerkfür unwirksam erklärt.

Durch das Urteil könnten „überall zusätzlicheKlagemöglichkeiten entstehen“, sagte Wirtschaftsministerin ChristaThoben (CDU) am Mittwoch im Landtag. Sie prüfe deshalb schnelleÄnderungen am Landesentwicklungsplan.

Thoben will aus dem Plan Flächen streichen, die seit Jahrzehnten fürKraftwerke reserviert sind, aber nicht genutzt werden. Die Oppositionmacht Schlampereien der Landesregierung für das drohende Aus desKraftwerks verantwortlich.

Die Arbeiten an der Baustelle des Milliardenprojekts stehen deshalbteilweise still. Das Gericht hatte unter anderem Verstöße gegen dieLandesplanung gerügt. In Datteln werde auf einem Gelände gebaut, das nichtfür ein neues Kraftwerk vorgesehen sei. Wenige Kilometer entfernt gebees dagegen eine ausgewiesene Kraftwerksfläche.

Thoben nannte diese Urteilspassage nicht nachvollziehbar. Es sei nieLinie des Landes gewesen, dass Kraftwerke nur auf Flächen gebaut werdendürfen, die dafür im Landesentwicklungsplan ausgewiesen sind. DiesePosition hätten alle Landesregierungen vertreten, ob SPD-Alleinregierung, rot-grün oder schwarz-gelb.

Deshalb entstehe von denacht derzeit im Bau oder in der Planung befindlichen Kraftwerke in NRWnur eines auf einer solchen Fläche. Das Gelände, auf dem in Dattelngebaut werde, sei zudem in der Regionalplanung seit 1987 für einKraftwerk vorgesehen gewesen.

Die Stadt Datteln versucht, das Gerichtsurteil vor demBundesverwaltungsgericht zu kippen. Sie hat Beschwerde gegen dieNichtzulassung einer Revision der OVG-Entscheidung eingelegt. EinErfolg ist aus Sicht Thobens schwer abzuschätzen. Wenn das Gericht nureinen Grund für das Urteil sehe, brauche es sich mit den anderenPunkten nicht zu befassen. „Das ist bei einem hundertseitigen Urteileine äußerst anspruchsvolle Hürde.“

SPD und Grüne warfen der Landesregierung schwere Planungsfehler vor.Sie sei dafür verantwortlich, wenn 2500 Bauarbeiter in Datteln nachHause geschickt und der 180 Meter hohe Kühlturm abgerissen werdenmüsse, sagte SPD-Fraktionsvize Norbert Römer. Die Regierung vonMinisterpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) sei ein Risiko für denIndustriestandort Nordrhein-Westfalen.

Grünen-Fraktionsvize Reiner Priggen betonte, die Behauptung derLandesregierung, durch neue Kohlekraftwerke würden alte stillgelegt,habe nach Feststellung des Gerichts nichts mit der Realität zu tun.Priggen sprach sich grundsätzlich gegen den Neubau von Kohlekraftwerkenaus.

CDU und FDP forderten die Landesregierung auf, alles dafür zu tun,damit das Kraftwerk so schnell wie möglich ans Netz gehen kann. „Wirwollen Datteln“, sagte CDU-Wirtschaftssprecher Oliver Wittke. DasKraftwerk sei ein wichtiger Beitrag zur Versorgungssicherheit und zumKlimaschutz.