Rot-Grün in NRW muss weniger Schulden machen
Plötzlicher Geldsegen für NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans. Er muss für das Jahr 2010 rund 1,3 Milliarden Euro weniger Schulden machen als geplant. Der Verhandlung des Verfassungsgerichts über die Klage von CDU und FDP kann er jetzt gelassener entgegensehen.
Düsseldorf. Eine Woche nach der einstweiligen Anordnung des Landesverfassungsgerichts gegen den Nachtragshaushalt 2010 hat NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) seinen Kreditbedarf deutlich nach unten korrigiert.
Die rot-grüne Minderheitsregierung muss 1,3 Milliarden Euro weniger neue Schulden machen, als in dem von CDU und FDP beklagten Etat vorgesehen. Als Grund nannte der Finanzminister am Dienstag geringere Ausgaben und höhere Steuereinnahmen. Mit 7,1 Milliarden Euro bleibt es aber trotzdem bei der höchsten Neuverschuldung in der Geschichte des Landes.
Zur Aufstockung der Rücklagen für die angeschlagene WestLB müssten „rechnerisch“ keine Kredite aufgenommen werden, betonte Walter- Borjans mit Verweis auf die neuen Haushaltszahlen. Rot-Grün will das Sondervermögen für die WestLB-Risiken um 1,3 Milliarden Euro aufstocken. CDU und FDP haben vor dem Verfassungsgericht gegen die Bildung von Rücklagen aus Krediten geklagt.
Das Gericht hatte der Landesregierung daraufhin mit einer einstweiligen Anordnung untersagt, Kredite aus dem Nachtragshaushalt aufzunehmen. Nach vorläufigen Berechnungen des Finanzministeriums hat das Land im vergangenen Jahr fast eine Milliarde Euro weniger ausgegeben als geplant. Diese Entwicklung sei bei der Verabschiedung des Nachtragshaushalts nicht abzusehen gewesen, sagte Walter-Borjans.
Wo die 960 Millionen Euro weniger ausgegeben worden sind, konnte der Finanzminister noch nicht sagen. Die Analysen seien noch nicht abgeschlossen. Die Steuereinnahmen fielen um 355 Millionen Euro höher aus als in der Steuerschätzung im November prognostiziert. Mit 39,9 Milliarden Euro habe das Steueraufkommen des Landes im vergangenen Jahr aber deutlich unter dem Rekordergebnis von 2008 gelegen. Damals hatte das Land 42,1 Milliarden Euro eingenommen.
Walter-Borjans rechnet damit, dass sich die positive Entwicklung bei den Steuereinnahmen auch in diesem Jahr fortsetzt. Die Neuverschuldung könnte dann geringer ausfallen als bislang mit 7,1 Milliarden Euro geplant. Nach den Regierungswechsel wollte Rot-Grün die von der schwarz-gelben Vorgängerregierung geplante Neuverschuldung von 6,6 Milliarden Euro auf 8,9 Milliarden Euro aufstocken.
Bis zur Verabschiedung des Nachtragshaushalts drückte Walter-Borjans diesen Betrag dank besserer Steuereinnahmen auf 8,4 Milliarden Euro. Tatsächlich aufnehmen will er nun 7,1 Milliarden Euro - 500 Millionen mehr als sein Vorgänger Helmut Linssen (CDU) geplant hatte.
Die FDP hält den Nachtragshaushalt trotz der geringeren Neuverschuldung für verfassungswidrig. Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) wolle die höhere Rücklage für die WestLB nach wie vor über Kredite finanzieren. „Nach unserer Überzeugung ist und bleibt das verfassungswidrig“, sagte Fraktionschef Gerhard Papke am Dienstag in Düsseldorf.
Papke kritisierte die neuen Zahlen des Finanzminister scharf. Es sei ein beispielloser Vorgang, dass Walter-Borjans „über Nacht“ 1,3 Milliarden Euro entdeckt habe. Das sei Haushaltspolitik wie in einer Bananenrepublik“. Entweder habe Rot-Grün komplett den Überblick verloren oder den Landtag, das Verfassungsgericht und die Öffentlichkeit getäuscht.
„Das macht aus der Regierungskrise von Rot-Grün eine Regierungskatastrophe“, sagte Papke. Die FDP will in der kommenden Woche einen Missbilligungsantrag gegen den Finanzminister im Landtag einbringen.
Der nordrhein-westfälische CDU-Landeschef Norbert Röttgen hat unterdessen wegen der Äußerung, die NRW-Neuverschuldung für 2010 werde um 1,3 Milliarden Euro geringer ausfallen, von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) die sofortige Entlassung ihres Finanzministers gefordert. Das berichtet die „Bild“-Zeitung in ihrer Mittwoch-Ausgabe (online vorab).
Walter-Borjans versuche „auf plumpe Weise die Bürger, das Parlament und den Verfassungsgerichtshof zu täuschen“, sagte Röttgen der „Bild“. Der Minister sei nicht ernst zu nehmen. „Frau Kraft muss diesen Finanzminister unverzüglich entlassen.“