Schulpolitik: Böses Ende im Sommer-Märchen
Das NRW-Schulministerium schickt den Sohn des Pressesprechers zum inszenierten Interview mit Jürgen Rüttgers.
Düsseldorf. Zur Politik gehört die Inszenierung: PR-Profis raten sogar dazu, den Showanteil immer dann zu betonen, wenn der Inhalt eher dürftig ist. In der nordrhein-westfälischen Landespolitik wird verstärkt auf die Verpackung gesetzt. Mal präsentiert Schulministerin Barbara Sommer (CDU/58) im Stile eines Mannequins Schuluniformen, mal sorgt ein Zauberer für ein Rahmenprogramm bei einer Pressekonferenz. Manchmal wird aus der Show freilich ein peinliches Spektakel.
Rund 500 Jungen und Mädchen waren Mitte September beim Kinderforum in Düsseldorf versammelt. Fachministerin Barbara Sommer, Familienminister Armin Laschet (CDU) und vor allem Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) waren die Stars für die Kleinen. Der Höhepunkt war die Fragestunde mit Rüttgers.
Dabei tat sich ein kecker Neunjähriger besonders hervor. Er stellte die recht gedrechselte Frage: "Wenn man annehmen würde, Nordrhein-Westfalen sei eine Mannschaft, dann wäre der Ministerpräsident ja wohl der Kapitän und die Kinder Teil der Mannschaft. Ist der Ministerpräsident, der Kapitän, denn auch für uns Kinder da?"
Das war nicht nur eine Frage, sondern eine Steilvorlage. Rüttgers konnte frei von der Leber weg von den Segnungen der Kinder- und Jugendpolitik erzählen, die er als "Kapitän" zu verantworten hat. Was er nicht wusste, was nun bekannt wurde: Der Neunjährige ist der Sohn des Pressesprechers von Ministerin Sommer. Er war vor dem Auftritt in einer Runde, an der Beamte der Staatskanzlei, des Schul- und des Familienministeriums teilnahmen, getrimmt worden. Das Kind bekam ein Honorar von 100 Euro. Rüttgers dazu: "Ich habe von nichts gewusst." Intern wird nach einem Bauernopfer für die Panne gesucht.
Das ist mehr als peinlich für das Ministerium, das schon seit zwei Jahren immer wieder mit fragwürdigen Aktionen aufgefallen ist. Die Grünen wollen jetzt wissen, ob es noch mehr bezahlte Fragesteller gegeben habe - womöglich gar aus der Sprösslings-Riege von Ministeriums-Mitarbeitern. Auf den Landtagsfluren wird schon von "FDJ-Aufmärschen" gehöhnt. Die FDJ war die politische Jugendorganisation der DDR und sorgte fähnchenschwingend für die nötige Stimmung bei Veranstaltungen.
Das Schulministerium sorgt also gerne für eine heile Welt, um die eigene Politik zu verkaufen. Auf Kritik von außen reagieren die führenden Köpfe hinter Ministerin Sommer aber allergisch. So gab es mehrfach Beschwerden bei Chefredakteuren von Tageszeitungen, wenn etwa dem Staatssekretär die Berichterstattung nicht gefallen hatte.
Sprachstandsfeststellung Zwei Jahre vor der Einschulung wird festgestellt, ob das Sprachvermögen der Kinder altersgemäß entwickelt ist.
Übergangsempfehlungen Wollen Eltern ihr Kind an einer Schulform anmelden, für die es laut Grundschule ungeeignet ist, folgt ein dreitägiger Prognoseunterricht. Stützen die Experten das Votum der Grundschule, steht der Elternwille zurück.
KopfNoten Für das Arbeits- und das Sozialverhalten gibt es auf den Zeugnissen Kopfnoten. Vermerkt wird zudem besonderes schulisches oder außerschulisches Engagement.
Schulbezirke Für Grundschulen und Berufsschulen werden die Schulbezirke aufgehoben. Den Eltern wird freigestellt, ihr Kind an einer anderen als der wohnortnächsten Grundschule anzumelden.